Wer sich mit dem Dromersheimer Dialekt schwer tut, dem sei es hier nochmals übersetzt: „Das Heiligenhäuschen in der Steuerstraße.“ Es steht am Ende der Steuerstraße bei den letzten Häusern unter einem prächtigen Kastanienbaum. Früher war es die Steigergasse, der Weg zum Berg. Steig wurden Wege genannt, die steil zur Berghöhe führten (siehe Ingelheimer Steig). Bevor die Provinzialstraße 1843/44 von Bingen nach Wörrstadt gebaut wurde, heute L 414, führte der Weg nach Aspisheim über die Steigerpforte an diesem Heiligenhäuschen vorbei. Vielleicht wurde es gerade deshalb dorthin gebaut.
Im Jahre 1731 ließ Eberhard Schumacher dieses Kapellchen errichten. Auf der Vorderseite ist eine Inschrift in Stein gehauen, die stark verwittert ist, und nach den Chronisten Müller folgende Beschriftung hat:
Erbaut 1731
Eberhard Schumacher
Renoviert 1922
Johann Joseph Jox I.
Eberhard Schumacher wurde 1692 geboren und verstarb am 5.6.1762. Er war mit Anna Gey verheiratet, die am 30.10.1745 verstorben ist.
Zu bemerken ist, dass die Pflege und Unterhaltung bis heute über 9 Generationen von den Nachkommen in der Familie übernommen wurde.
- Eberhard Schumacher, *1692, † 5.6.1762, ∞ mit Anna Gey, † 30.10.1745
- Johann Heinrich Schumacher, Sohn von Eberhard Schumacher und Anna geb. Gey, *3.6.1727, † 18.3.1807, ∞ 10.2.1747 mit Susanna geb. Hassemer, *1730, † 15.1.1807
- Heinrich Schumacher, Sohn von Johann Heinrich Schumacher und Susanna geb. Hassemer *26.10.1751, † 1.10.1817, ∞ 9.5.1780 mit Katharina Dengel, *19.11.1757, † 14.4.1804
- Heinrich Schumacher, Sohn von Heinrich Schumacher und Susanna geb. Hassemer, *5.3.1786, † 19.4.1838, ∞ 16.11.1813 mit Barbara Singer, *22.1.1781, † 24.8.1849
- Eberhard Jox II., Sohn von Eberhard Jox und Susanna Hang *20.11.1814, † 8.12.1886, ∞ 26.2.1843 mit Apollonia Schumacher, Tochter von Heinrich Schumacher und Barbara Singer *26.6.1816, † 19.1.1877
- Johann Josef Jox I., Sohn von Eberhard Jox II. und Apollonia geb. Schumacher *29.5.1848, † 8.9.1929, ∞ 25.11.1873 mit Katharina Nagel, *5.8.1850, † 9.9.1931
- Hermann Fleck, Sohn von Leonhard Fleck und Margaretha geb. Poth *16.9.1876, † 12.2.1937, ∞ 21.11.1905 mit Elisabeth Jox, Tochter von Johann Josef Jox I. und Katharina geb. Nagel, * 3.1.1877, † 17.1.1949
- Johann Leonhard Fleck, Sohn von Hermann Fleck und Elisabeth geb. Jox *10.1.1910, † 26.12.1981, ∞ 7.2.1935 mit Maria Susanna Mauer, Tochter von Peter Josef Mauer und Christina geb. Schumacher, *6.5.1910, † 21.5.2003
- Elisabeth Dickescheid und Katharina Lunkenheimer, Töchter der Eheleute Fleck, reinigen und pflegen heute den Innenraum des Heiligenhäuschens und sorgen für Ausstattung und Blumenschmuck.
Interessant ist auch, dass Pfr. Wehrheim am 12.7.1909 in einem Bericht an das Kreisamt, betr. Denkmalverzeichnis, von einem „mächtig schöner Kastanienbaum, das Ganze überschattend“, schreibt.
Das barocke Häuschen hat ein Dach aus Sandsteinplatten. In einem geschwungenen Giebel befindet sich in einer Nische die steinerne Figur der Muttergottes mit Kind. Darunter ist ein eingelassener Stein mit der vorgenannten Inschrift des Erbauers. Der kapellenartige Raum hat ein Kreuzgewölbe. Über einer Steinplatte mit Blumenschmuck steht wieder eine Muttergottes mit Kind in einer Nische. Diese 50 cm große Figur ist aus Holz geschnitzt. Sie wurde von Andreas Weingärtner geschaffen, der sie seinem Schwager Heinz Moos und Franziska geb. Schmitt geschenkt hat. Im Juni 2005 stiftete Heinz Moos diese Muttergottes für das Heiligenhäuschen.
Die Tür ist ein Eisengitter mit zwei Kreuzen in Strahlen, darunter die Initialen JLF / 1968, die auf die gründliche Instandsetzung im Jahr 1968 durch Johann Leonhard Fleck, *10.1.1910 †26.12.1981 hinweisen, was auch in der Pfarrchronik vermerkt ist. Der Dorfschmied Philipp Schnepp hat diese Tür angefertigt.
Zuvor wurde das Heiligenhäuschen im Jahr 1922 von Johann Josef Jox I. renoviert, wie auf dem Sandstein im Giebel vermerkt ist. Er wurde am 29.5.1848 geboren und starb am 8.4.1929. Am 25.11.1873 heiratete er Katharina Nagel, die von 5.8.1850 bis 9.9.1931 lebte. In der Rahmenplanung Dromersheim der Stadt Bingen vom November 2001 schreibt Frau Dr. Christine Halfmann, Appenheim, dass das Heiligenhäuschen bei dieser Renovation stark verändert wurde, der barocke Stil aber erhalten blieb. Sie beschreibt es als ein Zeugnis ländlicher Religiosität, außerdem ein kennzeichnendes Merkmal innerhalb des Ortsbildes.
Es war die Blütezeit des Barock, die diese künstlerischen und sakralen Symbole in das Landschaftsbild brachten. Es entstand in einer Zeit, in der Dromersheim kein wohlhabender Ort war. Umso größer ist unsere Achtung vor einer Generation, die, obwohl selbst recht bescheiden lebend, dies prächtige Gotteshaus geschaffen hat. Als Haus des Gebetes und der stillen Einkehr wurde es erbaut.
Nach 45 Jahren war die heutige Renovation unausweichlich. Der Stadt Bingen, die diese Instandsetzung betrieben hat, sei an dieser Stelle ein großes Lob und vielen Dank bekundet.
August 2013
Werner Hochthurn
Quellennachweis:
Müller: Chronik von Dromersheim; Pfarrchronik; Aufzeichnungen von Agnes Heinz;
Aufzeichnungen von Lorenz Christian
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