www.bingen.de

Die Alte Chronik von 1956

in der Chornik mit Stichwörtern suchen

Schule und Lehrer

Die Schule ist eine Schöpfung der Kirche, die im Mittelalter der Träger der gesamten Bildungsbestrebungen und Erziehungsideale war. Schon in frühester Zeit gründete sie Kloster-, Dom-, Stifts- und seit dem 13. Jahrhundert an kleineren Orten die Pfarr- oder die Parochialschulen. Letztere sind die Vorläufer der Volksschulen. Ursprünglich wurde der Unterricht, der im Dienste der Kirche stand, von dem Pfarrer selbst erteilt, später versah diesen Dienst sein Küster oder Glöckner, der auch den Organistendienst zu versehen und den Gesang zu leiten hatte. Dieser erhielt in Dromersheim im 16. Jahrhundert als Besoldung einen Anteil aus dem Zehnten des Grafen von Reipoltzkirchen, der in hiesiger Gemarkung „Weingärten und Pflegen" (Äcker) besaß, die besonders abgesteint waren. Im Jahre 1618 war sein Weinzehnt wie beim Pfarrer abgekürzt worden und betrug nur noch 1/2 Fuder. Im Jahre 1697 erhielt er aus dem Schulzehnten 6 Malter
2 Simmer Korn, 7 Malter Gerste, 1 Malter Spelz und aus dem St.-Stephan-Zehnten
3 Ohm Wein. Das Stephansstift in Mainz hatte das Recht, in Dromersheim den Lehrer zu präsentieren. Er führte die Bezeichnung Schulmeister, Schuldiener, sowie Ludimagister und Glöckner, Ludimoderator, Ludirektoris oder Ludi et Chorizentor. Eine wissenschaftliche Vorbildung besaßen die Lehrer der damaligen Zeit meist nicht. In der Regel genügte ein etwas intelligenterer, des Lesens und Schreibens kundiger Handwerker, so dass sich oft Schuster, Hirten, Barbiere, ausgediente Unteroffiziere usw. um eine Lehrerstelle bewarben. Von einem geregelten Schulbetrieb konnte keine Rede sein denn es bestand keine allgemeine Schulpflicht, und der Unterricht fand nur in den Wintermonaten statt; etwa von Michaelis oder nach dem Herbst bis Ostern. Wir wundern uns daher nicht, dass noch um 1800 viele Leute, besonders Frauen, statt ihres Namens mit drei Kreuzchen zeichneten, wozu z. B. der Standesbeamte hinzufügte: „Die Betreffende erklärte, nicht schreiben zu können."
Um die Verbesserung des ländlichen Schulwesens hat sich der Kurfürst von Mainz, Emmerich Josef (1763 — 1774), sehr bemüht, der dafür eigens eine Schulkommission einsetzte. Wie diese unentwegt und zielsicher arbeitete, ersehen wir aus der Besetzung der Schulstelle in Dromersheim im Jahre 1772/73, die Dr. August Messer in „Die Reform des Schulwesens im Kurfürstentum Mainz unter Emmerich Josef" aufgezeichnet hat. Da sie uns einen aufschlußreichen Einblick in die Schulverhältnisse von damals gibt und gleichzeitig die wirtschaftliche Lage unseres Dorfes beleuchtet, sei sie nach dieser Quelle hier ziemlich ausführlich wiedergegeben: In den Orten Dromersheim (durch den Tod von Leonhard Edel am 29. 3. 1772) und Dietersheim waren die Schulstellen erledigt. Die Glöcknerdienste, die bis dahin mit den Stellen verbunden waren, hatten bis zur Verhandlung der Neubesetzung besondere Glöckner erhalten. Die Besoldung des Lehrers in Dromersheim betrug seither jährlich 40 fl. aus der Gemeinde, von jedem Schulkind 20 Kreuzer für Holzgeld =14 Gulden (also von 42 Kindern), aus der Kirche 20 fl., zusammen 74 Gulden; wozu noch die Vergütung als Gerichtsschreiber mit 22 fl. kam; die des Lehrers von Dietersheim aus Gemeinde und Kirche 53 fl. 15 Kreuzer, zuzüglich 9 fl als Gerichtsschreiber. Für die Stelle in Dromersheim hatte das Stephansstift einen gewissen Valentin Fügen präsentiert, der auch examiniert, aber „in allen Teilen sehr mittelmäßig" befunden worden war. Für Dietersheim war der Domprobst zuständig. Der Amtskeller von Algesheim war zum Bericht aufgefordert worden, ob die Schuldienste in beiden Orten nicht zu verbinden, d. h. zusammenzulegen seien, was er wegen der weiten Entfernung und des geringen Einkommens verneinte. Besondere Gerichtsschreiber seien wegen der umfangreichen Arbeit sehr nötig. Die Einwohnerzahl von Dromersheim betrage 308, in Dietersheim 120 Personen. „Die beiden Gemeinheiten befinden sich außerstande, zum neuen Schullehrer einigen Unterhalt zu geben . . . Besonders die erarmte Gemeinde Dromersheim ist in solchen Umständen, dass sie ihre gemeinen Auslagen nicht beibringen und die zu den Kriegszeiten und Mißjahren aufgenommenen Kapitalien und jährlichen Pensionen, woran noch ein Merkliches zurückstehe, abführen könne. Auch Dietersheim sei nicht imstande beizutragen". Der Amtskeller wird von der Kommission belehrt, „die Entfernung beider Orte sei kein Hindernis, da ja nicht die Kinder, sondern der Lehrer von dem einen zum anderen Ort gehen müsse". Des ferneren macht die Kommission Vorschläge, wie durch eine klassifizierte Umlage die Kosten aufgebracht werden könnten. In einem weiteren, geforderten Bericht weist der Amtskeller noch einmal auf den Notstand, besonders in Dromersheim hin, „das an sich der ärmste und schlechteste Ort im Amt" sei. Die Untertanen wären „nicht vermögend", die Beiträge aufzubringen, selbst mit dem „schwersten Exekutionszwange" könnten die Schatzungsgelder und Abgaben nicht beigetrieben werden. Schuld daran wären die schlechten Weinjahre, und auch in diesem Jahr sei wegen des vielen Ungeziefers sehr wenig zu hoffen. Die Gemeinde habe keine Allimende, Wald u. dergl., so dass die Schulsteuer selbst mit den „schwersten Exekutionsmitteln" nicht einginge. Das Holzgeld für den Lehrer sei meistenteils noch von 10 Jahren ausständig. Auch die Gemeinde reichte, wahrscheinlich durch den Amtskeller dazu veranlaßt, eine Bittschrift ein, sie „mit diesen neuen Beschwerden in Gnaden zu verschonen". Die Schuldenlast betrage 11 000 fl. Sie sei „teils durch die vielen herrschaftlichen Abgiften (Abgaben), teils durch das beständige Fronen und jetzige ohnehin geld- und nahrungslosen Zeiten in solche Armut verfallen, dass das Gemeindeschulhaus schon drei Jahre lang unbrauchbar und wir unseren jetzigen Schulmeister nicht einmal eine Unterkunft zu verschaffen imstande gewesen, wenn nicht das St. Stephansstift als hiesiger Dezimator (Zehntherr) hierzu das
Altes Schulhaus, von der Steuergasse
aus gesehen
Die Kommission bestand jedoch auf ihrem beabsichtigten Plan und hielt den Notstand der Gemeinde für nicht so begründet. Sie weist darauf hin, dass bei der Güte des Bodens und der günstigen Lage beider Ortschaften „der Fehler alleinig an dem Fleiß und der Arbeitsamkeit der Einwohner liege". Sie macht diesen den Vorwurf, dass sie „die durch erzbischöfliche Vorsicht abgesetzten Feiertage (siehe ,Die Pfarrei') wie vorher feiern würden", statt zu arbeiten und „als Tage zur Vermehrung ihres Nahrungsgewinnes zu nutzen". Der Amtskeller solle Wege „zur Verbesserung ihrer Vermögensstände zeigen, Nachlässige anhalten und Widerspenstige bestrafen". Die Schulsteuer solle nach drei Klassen erhoben werden, könne aber, wenn es die Gemeinde weniger belaste, auch in Naturalien gezahlt werden. Man werde an Michaelis den neuen Lehrer einsetzen, da den Sommer hindurch zeithero wenig oder gar nicht Schule gehalten werde. Der oben genannte Valentin Fügen, der sein Examen nicht bestanden hatte, hatte sich um den Kirchen-dienst beworben, wurde aber mit der vorläufigen Versehung des Schuldienstes betraut, bis „die Schuldienste von Dromersheim und Dietersheim verbunden mit einem anderen Subjekt sollten besetzt werden". Eine letzte Bittschrift beider Gemeinden an den Kurfürsten selbst, der sie der Schulkommission zuleitete, verfiel ebenfalls der Ablehnung. Darin war für Dromersheim hervorgehoben worden, dass ein neues Schulhaus gebaut werden solle, was im Jahre 1774 auch geschah. Gegen die Zusammenlegung beider Stellen führte sie pädagogische Gründe ins Feld. Die Kinder würden wieder alles Gelernte vergessen, wenn an dem einen Tag in diesem, am anderen Tage in jenem Orte Schule gehalten würde. Die Kommission beharrte jedoch unerschütterlich auf ihrem Standpunkt. Am 23. August 1772 beschließt sie, dem Generalvikariat bekanntzumachen, dass das Stephansstift den Candidat der Akademie Jakob Bletz aus Rüdesheim präsentiert habe, der gleich nach Allerheiligen eintreffen solle. Statt seiner kam jedoch einstweilen der Candidat Metternich, der die Schuldienste in Dromersheim und Dietersheim versah. Im Dezember wurde dieser zu Bericht aufgefordert, dem wir folgendes entnehmen: In Dromersheim halte er viermal, in Dietersheim zweimal — dienstags und freitags — Schule. (Dromersheim hatte übrigens auch 200 fl., Dietersheim 100 fl. zum Gehalt zu zahlen.) Er bediene sich dabei „ganz allein der echten Lehrmethode". Nach den von den Pfarrern angefertigten Listen seien in Dromersheim 90, in Dietersheim 22 schulfähige Kinder, aber diese Zahl habe er noch niemals in der Schule gehabt. In Dromersheim fehlten 20—25, in Dietersheim sei anfänglich der Besuch so schlecht gewesen, dass er einmal nicht ein einziges Kind in der Schule hatte. Durch die Anstrengungen des dortigen Herrn Pfarrers sei es jetzt besser geworden. Hindernisse von Seiten der Gemeinde würden ihm nicht gemacht, jedoch wolle er hier „die anbellende Verachtung gegen seine Lehrart anführen, die von strafbaren Spöttern als ketzerisch bezeichnet würde". Die Fortschritte seien daher seinem Fleiße nicht angemessen. Gehalt empfange er bis jetzt nicht, auch würden keine Anstalten zur Erhebung der Schulsteuer gemacht. Dieser Bericht trug dem Amtskeller eine scharfe Rüge ein. Er wurde aufgefordert, wegen des Schulbesuches und der Gehaltszahlung das Erforderliche durchzuführen, wogegen er sich rechtfertigte.
Hofrat Gerster von der Schulkommission berichtete am 23. Januar 1773, dass er seinen Auftrag, den Lehrer Bletz in Dromersheim einzuführen und das Schulhaus zu besichtigen, ausgeführt habe. Das Schulhaus sei „einer gänzlichen Reparatur benötigt", worauf dem Amtskeller aufgegeben wurde, „Sorge zu tragen, dass das Schulhaus in Dromersheim baldigst in wohnbaren Stand gesetzt werde".
Im Februar geht bei der Kommission ein erfreulicher Bericht von Bletz über Dromersheim ein. Die Schülerzahl betrage 127 (67 Knaben und 60 Mädchen), in Dietersheim 27 (14 Knaben und 13 Mädchen). Im Mai und Juni jedoch beklagte er sich über sehr unregelmäßigen Schulbesuch. Es waren Schulstrafen in beiden Orten ausgesprochen worden, die einen so starken Eindruck gemacht hätten, dass die Eltern jetzt ihre Kinder zur Schule anhielten. Die Eltern könnten „als ein übel gesittetes, hartnäckiges Landvolk" von ihrer Gewohnheit nicht abgebracht werden. Ihm selbst würde „eine Kur in dem Wiesbade gut tun", worauf 14 Tage Ernteferien genehmigt wurden. Wegen der Aufrichtung des Schulhauses in Dromersheim seien noch nicht die geringsten Anstalten gemacht worden. Der Amtskeller berichtet, dass die Gemeinde die Pflicht habe, das Schulhaus zu bauen; ein Neubau sei nötig. Sie sei auch zum Bau eines einstöckigen Hauses bereit, wozu sie 600—700 fl. Kapital aufnehmen müsse. Der Lehrer Bletz aber bittet um „ein zweistöckiges Haus oder ein einstöckiges mit einem gebrochenen französischen Dach. Es bekommt ein schöneres Ansehen und wird daher dem Stand und Charakter eines akademischen Schullehrers auch weit angemessener werden". Hofrat Gerster besichtigt (am 10. Dezember 1773) noch einmal das Schulhaus und trifft die nötigen Anord-nungen, dass „bei nächstem Frühjahr unfehlbar gebaut werden möge". Gleichzeitig hält er eine vierstündige Schulprüfung ab, „wobei man dann befunden, dass sowohl die Kinder in der Lehre guten Fortschritt gemacht, des besten Willens und voller Eifer seien, als auch der Lehrer sich alle Mühe in Unterweisung der Jugend gegeben habe.,. Da in Dromersheim allein 120 Kinder zu unterrichten sind, so scheint die Anstellung eines Gehilfen notwendig; Amtskeller, Schultheiß und Gericht erklären jedoch, die dazu erforderlichen 75—100 fl. jährlich nicht aufbringen zu können. Gerster gibt hierzu die Anweisung: der Landgraben wäre urbar zu machen, der innere Dorfgraben um den Ort wäre für Gärten an die Einwohner zu verkaufen; die Schafweide, welche bishin gar nicht benutzt wurde, auf 10 Jahre zu verlehnen. Der Lehrer Bletz wird beauftragt, die beiden Gräben zu vermessen".
So kam durch die ständigen Bemühungen der Schulkommission die Erbauung des Schulhauses in der Steigergasse im Jahre 1774 zustande (Haus Nr. 66; siehe Jahreszahl im Türsturz; heutiger Besitzer: Josef Breivogel II.), während die Anstellung eines zweiten Lehrers noch 65 Jahre auf sich warten ließ. Zwei Jahre vor Errichtung der 2. Stelle betrug die Zahl der Schulkinder, die noch von einem Lehrer, allerdings in drei Abteilungen, unterrichtet wurden, 173.
Unter dem Kurfürsten von Erthal, dem Nachfolger von Emmerich Josef, liegt ein Dekret vom 27. Oktober 1780 folgenden Inhaltes vor: Es ist eine Notwendigkeit, sich die nötigen Kenntnisse zu erwerben, die für einen künftigen Beruf erforderlich sind. Das sind die Beweggründe, weshalb seine Kurfürstlichen Gnaden schon vor geraumer Zeit verordnete, „dass alle Kinder zum unausgesetzten Schulbesuch angehalten werden sollen, bis sie entweder zu ihrer künftigen Bestimmung hinlänglich befähigt sind oder doch wenigstens das zur Entlassung aus den Schulen erforderliche Alter erreicht haben". Es wird das Befremden ausgedrückt, „dass Eltern unter dem nichtigen Vorwand, ihre Kinder besser zu brauchen, selbige von den Schulen abhielten und entfremden, zu ihren eignen Hantierungen anwenden oder in dem Tagelohn arbeiten zu lassen oder zu frühzeitig in die Lehre geben". Den Vorstehern der Zünfte wird eine Strafe von 10 Rtl. angedroht, wenn sie einen Lehrling einstellen, der kein schriftliches Entlassungszeugnis hat. Die Beamten haben diese Verordnung nicht nur zu verkünden, sondern auch mit stetem Nachdruck darauf zu achten, dass diese landesväterliche Vorschrift gehalten wird. Unter den bald folgenden Stürmen der Französischen Revolution und Herrschaft hat das Schulwesen einen schweren, besorgniserregenden Niedergang erlitten, der in vielen Formen und Erscheinungen zu ernsten Klagen Anlaß gegeben hat. Eine ruhigere Zeit der Entwicklung trat ein, als Rheinhessen im Jahre 1816 zu Hessen kam. Die Sommerschule wurde eingeführt, eine neue Schulordnung und ein neuer Lehrplan erlassen, die mehr als kümmerliche Besoldung der Lehrer auf eine andere Grundlage gestellt und die Erstellung dringend notwendiger Schulräume tatkräftig gefördert.
Ältestes Sciiulhaus in Dromersheim (heute Privatbesitz)
erbaut 1774
Unter Hinweis auf ihre wirtschaftliche Notlage hat die Gemeindevertretung stets hemmend einzuwirken versucht, was manchmal in geharnischten Beschlüssen zum Ausdruck kam. Am 28. 12. 1821 hat die Provinzialbehörde folgenden Erlaß an alle Bürgermeister herausgegeben: „Die höchste Staatsbehörde hat . . . ausdrücklich verfügt, dass alle Gehalte der Schullehrer durch die Gemeinde-Einnehmer erhoben und an die Lehrer ausbezahlt werden sollen... Als Teil des Gehalts sind auch die Entschädigungen für die Sommerschulen (welche gleich den Winterschulen als ständig anzusehen sind) und die sog. Holzgelder, .Dintenkreuzer etc. zu betrachten und bei Verteilung des Ganzen (auf die Umlagen) daher mit zu begreifen. Von 1822 an dürfen in keinem Falle mehr Gehalte qder Retributionen von den Lehrern selbst gehoben werden, sondern alle müssen in der Heberolle begriffen sein. Die Erhebung durch den Gemeinde-Einnehmer ist der natürlich und einzig richtige Weg, der Nachteile nicht zu gedenken, welche daraus entstehen, wenn die Lehrer gehalten sein sollten, ihren kärglichen Lohn durch Prozesse mit den Eltern ihrer Zöglinge herauszupressen." Kurz zuvor hatte der Schöffenrat von Dromersheim folgenden Beschluß gefaßt: „Da der Schullehrer jährlich seither immer seinen Gehalt selbsten durch die Schulkinder erhalten und der Gemeindediener seinen Gehalt selbst erhoben, so haben sich die Bürger beschwert, dass sie auch noch von diesem Geld dem Entnehmer Remisen (Erhebungskosten) zahlen sollten und gewunschen, es bei dem alten zu belassen. Aus diesem Grunde hat man es auch hier weggelassen."
 
Die Einkünfte des damaligen Schulverwesers (Schulverwalters) Holzammer betrugen im Jahre 1820:
1. Schulgeld
49 fl.
12 Kr.
2. Ertrag vom Schulgut
8 fl.
 
3. aus der Gemeindekasse
100 fl.
 
4. Kirchendienst
14 fl.
 
5. Glöcknerdienst
28 fl.
 
 
199 fl.
12 Kr.
Die Großherz. Hess. Regierung hat am 19. 9. 1826 wegen der Erbauung eines neuen Schulhauses folgenden Beschluß genehmigt: „Das alte Schulhaus in Dromersheim (Steigergasse Nr. 66; es ist in dieser Straße schon 1676 genannt) ist viel zu klein, die Schulstube äußerst niedrig und das Ganze von der Art, dass keine Vergrößerung daran stattfinden kann. Aus diesem Grunde soll dasselbe als Wohnung des Lehrers beibehalten und auf einem dem Schulhaus gegenüber befindlichen der Gemeinde gehörigen Platz ein neues Gebäude nach beiliegendem Plan aufgeführt werden, das nebst einem geräumigen Schulsaale auch noch die erforderlichen Lokale eines Gemeindehauses erhalten soll, im Ganzen 72 Fuß lang, 37 Fuß breit und 14 Fuß Stockhöhe . . . Der sehr unebene Bauplatz wird durch die Gemeinde abgehoben und planiert und der Übernehmer hat nur die eigentlichen Fundamente zu graben." Die Gemeinde wollte in diesem Neubau auch das Spritzenhaus und eine Wachtstube untergebracht haben, was aber von der Behörde nicht genehmigt wurde. An ihrer Stelle entstand der zweite Schulsaal. Nach Überwindung vieler Schwierigkeiten, wobei die Handwerker eine „außerordentliche Saumseligkeit" zeigten, wurde dieses Schulhaus in den Jahren 1827—1830 im einfachen Biedermeierstil mit einem Dachreiter, in dem eine kleine Schulglocke hing, erbaut. Es ist die heutige, noch in Benutzung befindliche „alte Schule" am oberen Ende der Pfarr- und Steigergasse. Das vorhergehende Schulhaus gegenüber diente noch bis 1879 als Lehrerwohnung. Es wurde dann verkauft für 4000 M an Katharina Hattemer und ist, wie schon erwähnt, heute im Besitz von Josef Breivogel II.
Nach einem Edikt der hess. Regierung vom 6. 6. 1832 sollte bei mehr als 100 schulpflichtigen Kindern eine zweite Schulstelle errichtet werden, wozu sich die Gemeinde aber trotz ihrer etwa 170 Schulkinder nicht entschließen konnte. Sie erreichte auch einen Aufschub von mehreren Jahren, bis endlich am 20. November 1838 die zweite Stelle ins Dasein trat.
Nicht umsonst hat man den Lehrer wegen seiner schlechten und unzureichenden Besol dung oft mit satirischen und sarkastischen Versen bedacht, die leider den Kern der Sache trafen. Häufig war er nicht imstande, seine Setzkartoffeln oder seinen Winterbrand zu kaufen, weshalb er sich in seiner Notlage mit einer Bitte um eine Unterstützung an die Gemeinde wandte, die gar zu oft ohne Gehör blieb. Seine Unterschrift lautete: „Eines wohllöblichen Ortsvorstands gehorsamer J. M." (1847). In einem Bittgesuch im Jahre 1850 legt der Lehrer seine Gehaltsverhältnisse dar. Sein Jahresgehalt beträgt 180 fl. 24 Kreuzer; macht monatlich 15 fl. 2 Kreuzer oder täglich 30 Kreuzer. Für Kost gibt er täglich 18 Kreuzer aus; verbleiben noch 12 Kreuzer (= monatlich 6 fl.). Dafür solle er Kleider, Wäsche etc. bestreiten und den Winter über den Schulofen heizen. Die Unterschrift lautet: „Verharret achtungsvoll eines Großherzoglich Hessischen Gemeinderats ergebener Diener Franz Vogel." — Ob er Erfolg hatte, ist nicht zu ersehen. Wegen Einführung des Turnunterrichtes in den Volksschulen beschloß der Gemeinderat am 10. Februar 1866, „dass das Turnen der Schulkinder hiesiger Gemeinde aus dem Grunde nicht als vorteilhaft zu erachten sei, weil durch die allseitigen Feldarbeiten, zu denen die Kinder schon frühzeitig verwendet werden, denselben hinreichende Gelegenheit geboten wird, sich in Körperbewegungen vollständig zu üben, weshalb das erwähnte Turnen nicht in hiesiger Gemeinde einzuführen sei", und betreffs Anschaffung von Turngeräten am 22. Aug. 1881, „dass die Anschaffung von Turngeräten für hiesige Gemeinde ganz überflüssig erscheint, da die Kinder bei den hier vorkommenden vielseitigen Feldarbeiten mehr als hinreichende Bewegungen sich verschaffen können. Außerdem sind die Lehrer dahier im Erteilen des Turnunterrichtes nicht sonderlich qualifiziert". Im September des gleichen Jahres beschließt er jedoch, zufolge behördlichen Druckes, „dass die Anschaffung von Turngeräten vorgenommen werden soll, jedoch in dem möglichst kleinsten Umfange". — Diese und ähnliche Beschlüsse kommen uns heute sonderbar und merkwürdig vor. Es soll jedoch nicht der Hinweis fehlen, dass alle geschichtlichen, also auch lokalgeschichtlichen Geschehnisse aus ihrer Zeit heraus betrachtet, beurteilt und bewertet werden müssen.
 
Altes Schulhaus mit Rathaussaal im Dachgeschoß
- erbaut 1830 - Ostansicht
In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts waren die Schulverhältnisse in Dromersheim sowohl in räumlicher als auch personeller Hinsicht der Entwicklung des Schulwesens nicht mehr angepaßt, weshalb die Behörde auf Abhilfe drängte. Die Lösung beider Fragen hing eng miteinander zusammen. Bevor nicht neuer Schulraum geschaffen war, konnte auch nicht an die Einrichtung der dringend notwendig gewordenen dritten Schulstelle gedacht werden. Die zweite Stelle allein zählte damals über 100 Schulkinder und mußte geteilt werden. Also entschloß man sich zunächst zum Bau eines neuen Schulhauses. Nach einem schon entworfenen geschmackvollen Plane sollte dieses auf dem oberen Teil der alten Bleiche an der Aspisheimer Straße erstehen, wodurch das Ortsbild verschönert werden sollte. Dieser Plan fand jedoch nicht die Billigung des Kreisamts wegen des Straßenverkehrs, da „die Zweckmäßigkeit der Zierde des Dorfes vorzuziehen sei". Die Bleiche sei als Bauplatz ganz außeracht zu lassen. Auch die Gemeinde nahm nach einer Prüfung des Bodens durch eine Grube behufs der Berechnung der Fundamentmauern von diesem Plane Abstand. In einer Tiefe von 11 — 12 Fuß war man auf lockeren Boden, den ehemaligen tiefen Ortsgraben, gestoßen, so dass man ein mindestens 20 Fuß tiefes Fundament hätte errichten müssen, was den Kostenpunkt bedeutend erhöhe. Man entschied sich daher für die obere Bleichstraße, wo die Gemeinde ein Feldchen besaß, das durch Zukauf vergrößert werden sollte. Auf diesem Gelände entstand

Schulhaus mit zwei Lehrer-Dienstwohnungen
- erbaut 1878

dann im Jahre 1878 die heutige „neue Schule". Die Leitung des Baues hatte der Kreisbauaufseher Illert in Bingen. Der Kostenaufwand belief sich auf 35 512,95 M, wozu der Kirchen- und Schulbaufonds einen Zuschuß von 2371,43 M gab. Das neue Schulhaus hat zwei Säle und ihnen gegenüber zwei Lehrerdienstwohnungen. Auf dem Türsturz des gemeinsamen Einganges ist die Jahreszahl der Erbauung und der Spruch „Gottes Segen waltet hier" eingemeißelt. Da infolge dieses Baues die alte Lehrerwohnung in der Steigergasse überflüssig wurde, wurde das Haus, wie bereits gesagt, am 15. Dezember 1879 verkauft. — Nachdem dieses Problem gelöst war, konnte auch das nächste seiner Verwirklichung entgegensehen: Die Errichtung der dritten Stelle, denn die zweite Stelle hatte schon im Jahre 1883 117 Kinder. Wegen der großen Opfer durch den Schulhausbau hatte die Gemeinde einen Aufschub erwirkt, der sein Ende fand durch die Errichtung der 3. Stelle am 1. April 1885. Seitdem ist die Dromersheimer Schule dreiklassig.
 
Durch das liberale hessische Schulgesetz vom Jahre 1874 war die bis dahin „Katholische Schule" in eine „Simultanschule" umgewandelt worden. Da durch die Rheinland-pfälzische Verfassung vom 18. Mai 1947 die Möglichkeit zur Umwandlung in Konfessionsschulen gegeben ist, fand eine Elternbefragung statt, die nach der „Allgemeinen Zeitung" vom 9. 1. 1953 in Dromersheim folgendes Ergebnis hatte: Gesamtschülerzahl 118, davon Katholiken 107, für die katholische Konfessionsschule haben gestimmt 121. „Bei der Gesamtschülerzahl sind die Schulneulinge von 1953 nicht berücksichtigt, während sie in den Abstimmungsergebnissen bereits aufgeführt sind."
       
Inhaltsverzeichnis
Quellen:
Müller: Chronik von Dromersheim

zurück