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Die Alte Chronik von 1956

in der Chornik mit Stichwörtern suchen

Die kirchlichen Verhältnisse

Kreuze, Bildstöcke, Heiligenhäuschen und Statuen

rechts Bildstock anno 1722 (erster Faßfall)
links Heiligenhäuschen anno 1730 (renoviert 1807)
Zweiter Fußfall am zweiten Profferweg
Der religiöse Sinn unserer Vorfahren hat einen sichtbaren Ausdruck gefunden in zahlreichen Kreuzen, Bildstöcken, Heiligenhäuschen und Statuen, die uns an Straßen und Wegen begegnen. Sie sind Denkmäler der gläubigen Gottes- und Heiligenverehrung unserer Ahnen, mit denen wir in irgendeiner Weise verwandt und daher verbunden sind, wodurch sie eine besondere persönliche Bedeutung und Note für uns gewinnen. Daran sollten wir stets denken, wenn wir grüßend an ihrem Vermächtnis vorübeT- schreiten. Die älteste, bekannte und noch erhaltene Jahreszahl ist 1722, womit aber keineswegs gesagt ist, dass diese Denkmäler keine Vorgänger hatten. Von einem „halcruce" (heiligen Kreuz) ist schon 1348 die Rede, von einem „staynen curcze" lesen wir im Jahre 1361, und der „helgen weeg" (Heiligenweg), der sich bis über die Gewann „am Kummerturm" hinaus bis zu der Gewann „Hinter den Wiesen" erstreckte, ist uns im 16. und 17. Jahrhundert bezeugt. Auch der Flurname „am Kreuzhörnchen" weist darauf hin. Kriege und wirre Zeiten, verwilderte Soldateska und umstürzlerische Elemente mögen in früherer Zeit manches Kreuz zerstört und vernichtet haben. Manche sind auch dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen. Wenden wir uns nun den alten, ehrwürdigen Zeugen dem Alter nach im einzelnen zu:
  1. Am Eingang des Kühweges beim Schwesternhaus steht ein Bildstode, der folgende Beschriftung trug: „Anno 1722, den 5. Augusti hat zu Ehren des Bitteren Leyden Undt Todt Christi Jesu Daniel Balthasar diese 7 Fußfälle aufrichten lassen. R. I. P." (Von ihm stammt auch eine Monstranz, deren Fuß die Inschrift trägt: „Daniel Bal-thasar hat diese Monstranz vermacht in die Kirche zu Dromersheim 1722.") Der fromme Stifter war geboren am 25. 12. 1692; am 25. 3. 1717 vermählte er sich mit Anna Katharina Dickescheid und starb am 30. 4. 1722. Den Daten entsprechend muß es sich um ein Vermächtnis gehandelt haben, das nach seinem Tode zur Ausführung gelangte. Anders wäre auch das „R. I. P." nicht zu verstehen. Seine hinterlassene Ehefrau heiratete am 13. 7. 1722 (die baldige Wiederverheiratung war in früherer Zeit nichts Besonderes) den Schultheißen Johann Gresch, der der Kirche bei seinem Tode im Jahre 1755 das sog. Greschische Legat hinterließ. Die „7 Fußfälle" waren
    aufgestellt an dem Wege nach dem Laurenziberg und stellten Szenen aus dem Leiden Christi dar; der erste z. B. Christi Einzug in Jerusalem. Die übrigen sind nichl mehr bekannt. Die Bilder in Flachrelief bestanden aus rotem Sandstein, die im Laufe der Zeit verwitterten und daher verfielen. Nur der erste in Dorfnähe ist erhalten geblieben. Der 2., 3. und 4. „Fußfall" stand am 1., 2. und 3. Profferweg, der 5. am Ende des Kühweges, rechts in einem früheren Weinberg, der 6.am Wege nach dem Laurenziberg und der 7. an der Gemarkungsgrenze. Vor 70 Jahren waren noch vier ganz erhalten, von zwei weiteren lagen noch einzelne Steine umher, während einer völlig verschwunden war. Der 3. „Fußfall" ist erst um 1910 versunken.
  2. Neben dem „1. Fußfall" steht ein Heiligenhäuschen, das um 1730 errichtet wurde. Der Erbauer ist unbekannt. Im Jahre 1807 wurde es von Christian Desoy II. (geb. 1788, gest. 1848) renoviert.
  3. Eberhard Schumacher (geb. 1692, gest. 5. 6. 1762) hat im Jahre 1731 das schöne geräumige Heiligenkapellchen an der Steigerpforte (unter dem Kastanienbaum bei der neuen Schule) erbaut.Sein Ur-Ur-Ur-Enkel Johann Josef Jox 1. (geb. 1848, gest. 1929) hat es im Jahre 1922 renovieren lassen. Joh. Leonhard Fleck betreut es heute.
    Vierter Fußfall am zweiten Profferweg
  4. Am „Geigerweg" steht ein Kreuz, das auf einem hervortretenden Herz im Sockel die Inschrift trägt; „Caspar Fleck — Ottilia Fleckin — 1742." Caspar Fleck war Bäcker und heiratete am 19. 1. 1722 die A. Ottilia Hartmann. Er starb am 6. 5. 1758.
  5. Das Kreuz „an der unteren Pforte" (Landgrabenweg) steht auf Gemeindefeld und wurde im Jahre 1748 von Joh. Heinrich Gresch (geb. 1713, gest. 1760), dem Bruder des Schultheißen Johann Gresch, errichtet. Es wurde im Jahre 1844 von Josef Roth und im Jahre 1927 von Johann Weiß renoviert. Auf dem Sockel ist zu lesen: „Seh, o Mensch, Deinen Jesum an, gedenk, was er vor Dich hat gethan. 1748."
  6. Fünfter Fußfall am dritten Profferweg
    „Im Grund" oder „Am Heiligen-Weg" steht ebenfalls auf Gemeindegelände ein Kreuz mit der Inschrift: „Anno 1751 B. S. Dieses Creuz hat zu Ehren Gotes machen lasen die ehrsame Witibin Mathes Dickescheitin." Mathias Dickescheid (Schöffe, geb. 1713, gest. 1749) hatte sich 1744 mit Maria Catharina Höhn verheiratet, die am 12. 8. 1758 starb.
  7. Das Kreuz auf dem Friedhof trägt die Aufschrift: C. W. - I. N. 1777 (s. „Der Friedhof").
  8. Auf dem Grundstück von Frl. Anna Tischleder „an der oberen Pforte" (Ecke Binger Straße—Heckenstraße) befindet sich ein Kreuz, das von Valentin Fügen und seiner ersten Ehefrau Ottilia geborene Schumacher im Jahre 1786 errichtet wurde. Fügen war Ludirektor, d. h. Lehrer, und stammte aus Sulzheim (geb. 1745, gest. 1821).
  9. Das Kreuz am Profferweg, der auf den Jakobsberg führt, hat folgende Beschriftung: „Dieses Kreuz hat zu Ehren Gottes machen lasen Adam Nagel und seine Ehefrau Julia Nagelin 1802." Johann Adam Nagel (geb. 1731) war in 2. Ehe (1776) mit Juliana Eva Kitzinger aus Frei-Weinheim verheiratet. Der Sterbetag beider ist in den Dromersheimer Kirchenbüchern nicht zu finden.
  10. Sechster Fußfall am Laurenziberger Weg
    Das Kreuz am Ockenheimer Weg (am Koch) gibt durch seine Beschriftung Auskunft. Auf der Vorderseite des Sockels ist zu lesen: „Dieses Kreiz hat zu Ehre Läse machen Martin Fleck und Seine Ehe Frau Ana Maria geborene Stumm 1845"; auf der Nebenseite des Sockels: „Bedenk, o Christ, Bedenk es wohl, was dieses Kreuz bedeuten soll,
    O — Rette Deine Seele." — Martin Fleck 1., geboren 1791, verheiratet 1815 mit der Witwe des Peter Meiß, Anna Maria geborene Stumm aus Dietersheim. Anna Maria starb im Jahre 1850 in Dromersheim, während Martin Fleck vermutlich bei seiner in Gaulsheim verheirateten Tochter gestorben ist. Dieses „Kocher-Kreuz" wurde in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts von frevelhaften Bubenhänden umgestürzt und demoliert. Martin Pfeifer 2. hat es im Jahre 1937 in würdiger Weise wieder erneuert, was in der Aufschrift festgehalten ist.
  11. Im Jahre 1861 hat der fromme und gottesfürchtige Mann Peter Hartmann 1. (geh 8. 11. 1816, ledig, gestorben am 6. 4. 1890) im „Heljerweg" am Baffert die 14 Leidensstationen Christi errichten lassen. Diese aus Backstein gebaute, überwölbte Häuschen mit Öldruckbildern begannen am Friedhof und zogen sich hin bis zum Haus Weber an der Steigerpforte. Sie standen teils auf Gemeindefeld (Ortsbleiche und Wegegelände), teils auf Privateigentum und waren fromme Stätten der Andacht, die viel besucht wurden. Bei der Kirchenrenovation im Jahre 1897 verlegte Pfarrer Beiz den „Kreuzweg" in Form kleinerer Bilder in die Kirche, wodurch der alte Stationsweg mehr und mehr vernachlässigt wurde und schließlich in Verfall geriet. Eines der alten Häuschen hatte sich als „Antoniushäuschen" bis zur Feldbereinigung 1938 erhalten. Leider ist es dann verschwunden.
  12. Altes Heiligenhäuschen (erbaut 1731) unter den Kastanien an der Steigerpforte (Vorderansicht)
    Heiligenhäuschen (erbaut 1731) unter dem Kastanienbaum an der Steigerpforte - im Hintergrund Rüstern vom alten Dorfgraben (Rückansicht)
    Das Missionshäuschen an der Außenseite des Chors der Kirche wurde im Jahre 1863 erbaut.
  13. Auf weit sichtbarer Bergeshöhe, dem Hörnchen, hat die kath. Kirchengemeinde im Jahre 1904 unter Pfarrer Wehrheim ein hochragendes Kreuz errichtet. Hier soll zuvor ein kleineres Holzkreuz gestanden haben, das verfallen war.
  14. Das Feldkreuz an der Wegegabelung Kühweg—Grunderweg wurde im Jahre 1934 von Kaspar Kreis in Bieber bei Offenbach, der mit Anna Hartmann von Dromersheim verheiratet ist, errichtet und gelegentlich der Firmung am 12. 10. 1935 von Bischof Dr. Stohr eingeweiht.
  15. Wo ehedem der 4. und 5. „Fußfall" stand, sind in neuerer Zeit die alten schlichten Kreuze durch schönere ersetzt worden, die sich stimmungsvoll in den Rahmen ihrer Umgebung einpassen. Das Kreuz an der Stelle des 4. Fußfalles wurde von der Familie Franz Weis Ww. im Jahre 1947 erneuert und von Bischof Dr. Stohr feierlich eingeweiht; das Kreuz beim 5. Fußfall wurde errichtet von Glasermeister Heinrich Josef Fleck im Jahre 1953.

Den Giebel des Hauses Langgasse 192 (heute Hauptstr. 25 — Geschwister Weick) ziert eine barocke Steinstatue der hl. Katharina, die eine Nachahmung der Mainzer Hiernle-Schule darstellt. Es wird angenommen, dass sie sich früher am Katharinenhof befand, der im Jahre 1839 in den Besitz des Juden Karl (u. Philipp) Nathan überging. Bürgermeister Valentin Hassemer, dem damals das Haus Langgasse 192 gehörte, wird sie wohl käuflich erworben haben.
Uber dem Hoftor Steigergasse 73 (heute Steuerstr. 10 — Fritz Dickescheid) befindet sich eine Muttergottesstatue, die an derselben Stelle eine wertvolle Vorgängerin hatte. Leider wanderte diese im Jahre 1907 in das Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin, wo sie unter der Bezeichnung „Die schöne Dromersheimerin" Aufstellung gefunden hat. Diese aus Ton gebrannte Schröter-Madonna (die Mutter des Herrn war die Patronin der Schröter-Zunft) stammt aus etwa 1420 und ging aus derselben mittelrheinischen Werk-statt hervor wie die Muttergottes in Hallgarten, die Eberbacher Madonna im Louvre zu Paris sowie die beiden Tonplastiken St. Katharina und St. Barbara in der Pfarrkirche zu Bingen. Kunstsachverständige nehmen an, dass die Dromersheimer Madonna früher die Marienkirche zierte und sich bei deren Niederlegung an obiges Haus verirrt habe. Der Besitzer des Hauses, Hch. Josef Dickescheid, hatte sicherlich den hohen Wert dieses Kunstwerkes nicht erkannt, als ihm von einem Käufer, der wahrscheinlich nur ein vorgeschobener Strohmann eines geschäftstüchtigen Interessenten war, die relativ hohe Summe Geldes von 1300 Mark und eine neue Muttergottesstatue angeboten wurde. Der Kauf kam zustande, und der Käufer veräußerte sie angeblich für 5000 Mark weiter an obengenanntes Museum. Dadurch war diese schöne, wertvolle Madonna für seinen Besitzer und damit auch für unseren Ort verloren gegangen.
Vor dem zweiten Weltkrieg sollen für diese Madonna von einem Museum 50 000 RM geboten worden sein. Die Nachforschungen nach dem zweiten Weltkrieg mußten die
traurige Feststellung machen, dass die Dromersheimer Madonna bei den Bombenangriffen auf die Stadt Berlin mit vielen anderen Kunstgegenständen zerstört wurde und für alle Zeiten verloren ging.
Im Jahre 1956 wurde von Bildhauer Winter in Mainz-Kastell an Hand von Fotos der Dromersheimer Madonna eine Reproduktion geschaffen, die von der Spar- und Darlehenskasse Dromersheim zum Preise von 1200 DM in Auftrag gegeben war. Diese Reproduktion befindet sich in der Pfarrkirche zu Dromersheim.

Feldkreuz „An der unteren Pforte" (Landgrabenweg) errichtet 1748

Kreuz am ..Geigerweg" - Sockel anno 1742

 

Feldkreuz „Im Grund" bzw. „Am Heiligenweg" anno 1751

Kreuz auf dem Friedhof anno 1777

Feldkreuz „Am Profferweg", der auf den Jakobsberg führt, errichtet 1802

Kreuz bei dem Anwesen Tischleder (ehedem Binger Straße - Heckengasse) errichtet 1786

Feldkreuz am Ockenheimer Weg (Auf der Koch)
errichtet 1845 - renoviert 1937

       
Inhaltsverzeichnis
Quellen:
Müller: Chronik von Dromersheim

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