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Die Alte Chronik von 1956

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Die kirchlichen Verhältnisse

Das Schwesternhaus

Ein Schwesternhaus ist eine segensreiche und zugleich dankverpflichtende Einrichtung in einer Gemeinde. In einem umfassenden Aufgabenkreise im Dienste der Krankenpflege, der christlichen Liebestätigkeit, der Kleinkinderschule und des Gotteshauses leisten die bescheidenen Ordensfrauen eine Arbeit, die nicht nach Zahlen und materiellen Werten gemessen werden kann. Niemand, der diese Wohltaten noch nicht verspürt oder in Anspruch genommen hätte!
 
Die Einrichtung des Schwesternhauses verdanken wir der hochherzigen Stiftung der drei Geschwister Hensel: des Pfarrers und Dekan Friedr. Josef Hensel (f 1. 4. 1910 in Gau-Algesheim), Apollonia Hensel (f 3. 2. 1911) und Christina Hensel (t 16. 12. 1914), die dazu ihre Hofreite, einen angrenzenden Weinberg und „eine große Summe Geldes" testamentarisch an die Kirche vermacht hatten. Infolge der Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse konnte das Haus erst 1920 zweckentsprechend eingerichtet werden, wobei mancherlei wirtschaftliche Schwierigkeiten zu überwinden waren. Milde Gaben zur Inneneinrichtung (z. B. Weißzeug) kamen sogar von früheren Dromersheimer Auswanderern nach Amerika, von denen sich Pfarrer Herdt die Anschriften besorgt hatte. Nach der feierlichen Einweihung am 27. 6. 1920 zogen 4 Schwestern von der göttlichen Vorsehung ein. Da sich in der Folgezeit das Schwesternhaus für seine verschiedenen Bedürfnisse zu klein erwies, wurde es im Jahre 1928 aufgestockt und umgebaut. Der Raum für die Kleinkinderschule wurde vergrößert und darüber ein Pfarrsälchen als Nähstube und Versammlungraum errichtet, die am 3. 12. 1928 feierlich eingesegnet wurden. Die Kosten wurden bestritten durch Kirchenkollekten und alljährliche Mostsammlungen im Herbst, wodurch die Kapuziner in Mainz auf ihr seither innegehabtes Privileg der Herbstsammlung verzichten mußten. Eine finstere Gewitterwolke überzog unsere Schwesternniederlassung im Juli 1941. Gegen alles Recht wurde das Haus von der NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) beschlagnahmt, welche die Schwestern aus der Kleinkinderschule verdrängte und die Betreuung der Kinder durch ihre Organe ausüben ließ. Die Bevölkerung war darüber sehr erbittert und boykottierte die neue Einrichtung. Pfarrer Heberer, der sich dieser ungerechten Maßnahme widersetzte, wanderte dafür 3V2 Monate lang in das Gestapo-Gefängnis in Mainz. Erst der Zusammenbruch des „Dritten Reiches" gab das Schwesternhaus wieder seinem rechtmäßigen Besitzer zurück. Am 9. 4. 1945 übernahmen die Schwestern wieder die Kleinkinderschule, wodurch das Unrecht wieder gutgemacht war. — Im Jahre 1953 wurde das Schwesternhaus von Tünchermeister Josef Fleck verputzt und mit einem geschmackvollen Anstrich versehen.

       
Inhaltsverzeichnis
Quellen:
Müller: Chronik von Dromersheim

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