www.bingen.de

Die Alte Chronik von 1956

in der Chornik mit Stichwörtern suchen

Die kirchlichen Verhältnisse

Altes Pfarrhaus und Zehnthof

Das Stephansstift in Mainz war als Patronus der Kirche verpflichtet, das Pfarrhaus zu bauen, und berechtigt, den Zehnten (das ist die Abgabe des zehnten Teils von allem Ertrag der Gemarkung) zu erheben. Im Jahre 1697 kaufte es von den Geschwistern Hon den ganzen Bezirk samt Wohnhaus, „oben die Kirche St. Petry, unten die Herrn zu St. Stephan selbst um 400 Gulden bares Geld".  Auf diesem Gelände erbaute es in den Jahren 1712—1714 das Pfarr- und Zehnthaus.
Zuvor bewohnte der Pfarrer ein von Anthony Müllem erkauftes Wohnhaus am damaligen Rathaus, das „nunmehr wieder in die Gemeinde zur herrschaftlichen Schätzung und gemeine Last" zurückging. Die Erbauung des Pfarrhauses war in einem Gedenkstein im „Sälchen" festgehalten. Er trägt die Jahreszahl MDCCXIIII und befindet sich jetzt im neuen Pfarrhaus. Die enge Verbundenheit beider benachbarten Gebäude in vergangener Zeit erkennt man daran, dass sich der gewölbte Keller des Zehnthofes unter der Scheuer des Pfarrhauses befindet. Da die Geistlichen zur damaligen Zeit auch Landwirtschaft betrieben, fehlten weder Scheune, Stall und Keller. Eine Zeitlang des Jahres verzapfte der Pfarrer sogar Wein, wodurch sein Haus zu einer Weinschenke wurde. Sein Vieh hatte die Berechtigung, im Dorfgraben von der Steiger- bis zur Unterpforte zu weiden, und seine Scheune war angefüllt von Frucht, Heu und Stroh. Im Jahre 1869 fand eine durchgreifende Restauration des Pfarrhauses statt. Das Mauerwerk wurde gänzlich erneuert und der Hof mit einer neuen Umfassungsmauer versehen. Die Unkosten betrugen 2053 fl. 19 Kr. Pfarrer Herdt (1915—1932) hatte die Absicht, in der Nähe der Kirche ein neues Pfarrhaus zu erbauen, ein Plan, der infolge ungünstiger Umstände nicht zur Ausführung kam. Erst der entschlossenen Initiative von Geistl. Rat Hain ist es zu danken, dass dieses Projekt in vielleicht noch schlechteren Zeiten verwirklicht wurde. Im Jahre 1953 erbaute er das neue Pfarrhaus im Walerpfad, so daß das alte überflüssig wurde und durch Kauf in den Besitz von Karl Josef Müller überging.
 
Der Zehnthof, Pfarrgasse Nr. 94 und 95, der 1562 an einem anderen Platz und 1661 bei der untersten Kirche genannt wird, ging nach Aufhebung der Stifte und Wegfall des Zehnten in der napoleonischen Zeit im Jahre 1810 in Privathand über. Im Jahre 1818 wird er als zweistöckiges Haus mit Remise, Kelterhaus, Scheuer und Stall genannt und hatte einen Versicherungswert von 1700 fl. Jakob Weinheimer erwarb dieses umfangreiche Anwesen für 1000 fl. Seit dieser Zeit ist der Hof im Besitz der Erben und Nachkommen dieser Familie.
       
Inhaltsverzeichnis
Quellen:
Müller: Chronik von Dromersheim

zurück