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Die Alte Chronik von 1956

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Die kirchlichen Verhältnisse

c) Die Kirchen

Kirchturm der katholischen Kirche Dromersheim
Eingang zum Kirchturm und Friedhof
Die Kirche bildet den Mittelpunkt und das Herz eines Dorfes, um die sich das religiöse Leben seiner Bewohner mit ihrem Seelsorger bewegt und kreist. Zu Festesfreuden und Erdenleid sind die Menschen mit ihr verbunden, sie ist die Heimat ihrer Seele, ohne die wir uns den heimatverwurzelten Menschen schlechterdings nicht denken können. Schon über 1200 Jahre wissen wir in unserem Heimatdorfe um dieses Geschenk, das schon Geschlecht um Geschlecht durch seine Pforten schreiten sah.
 
Wenn in der Schenkungsurkunde des Eggiolt im Jahre 754 eine Kirche, in Dromersheim genannt wird, so dürfen wir annehmen, dass sie im 6. oder 7. Jahrhundert erbaut worden ist. Wo sie stand und wie sie aussah, ist in Dunkel gehüllt. Es mag füglidi bezweifelt werden, dass sie an der Stelle ihren Platz hatte, wo um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Petrus-Kirche niedergelegt wurde, denn der Ursprung unseres Dorfes liegt, wie durch die Urkunden aller Jahrhunderte festgestellt werden kann, beiderseits des einstigen Hungerbaches, der durch die Dalbus- und Dietengasse floß, und Dromersheim hatte zur damaligen Zeit sicherlich nicht einmal 100 Seelen, d. h. höchstens 20 bis 25 Hütten oder Häuser. Selbst bei aufgelockerter Bauweise ist kaum anzunehmen, dass es einige hundert Meter außerhalb seines Dorfbereiches eine Kirche gebaut hätte. Es spricht manches dafür, dass sie in der Dietengasse stand, wo der untere Teil der Straße stark erweitert ist. Vermutlich war hier der älteste Dorfmittelpunkt, wo auch die alte Burg und der Hof des „Weißnonnenklosters" stand. Es ist sehr naheliegend, dass bei der späteren Ausdehnung des Dorfes auch der Standort der Kirche, die vielleicht nach Jahrhunderten ihres Bestandes aus irgend einem Grunde unzureichend oder abbruchreif geworden war, verlegt wurde. Den hl. Petrus als ihren Schutzpatron erfahren wir auf der Urkunde vom Jahre 813.
 
Wann die im 18. Jahrhundert niedergelegte Petrus-Kirche beim früheren, 1953 verkauften Pfarrhaus gebaut wurde, läßt sich mangels jeglicher Urkunde nicht feststellen. Bekannt ist uns lediglich aus dem Jahre 1618, dass das Kirchweihfest (die Kirchweyhung) „von unseren uralten Vorfahren jährlich sonntags nach Allerheiligen gehalten worden ist". Erst im Jahre 1864 wurde es auf den ersten Sonntag im September verlegt, „um dem Wunsche vieler Einwohner gerecht zu werden".
Um 1300 entstand neben der letztgenannten Petrus-Kirche eine zweite Kirche, die der allerseligsten Jungfrau Maria (beatae Mariae Virginis; abgekürzt: B. M. V.) geweiht war Diese Marienkirche stand an der oberen Pforte, wo sich unsere heutige Pfarrkirche erhebt. Sie „war jedenfalls von einem Adligen von Waldeck-Montfort erbaute Kapelle, eine Eigenkirche" (Jak. Como), die von diesem möglicherweise zu dem Zwecke errichtet wurde, um Rechte gegenüber dem Stephans-Stift, mit dem die Montfort im Streit lagen, geltend zu machen. Die höher gelegene Petrus-Kirche wurde auch die obere — superior —, die niedriger gelegene Muttergotteskirche die untere Kirche — inferior — genannt. Im Jahre 1453, also etwa 60 Jahre nach Beilegung jenes Streites, wurden beide Kirchen hinsichtlich des Gottesdienstes vereinigt, indem dieser an den aufeinanderfolgenden Sonntagen abwechselnd in ihnen gehalten werden sollte. Im Jahre 1629, also mitten im Dreißigjährigen Kriege und nach dem Mißjahr in den Weinbergen von 1628, in dem „kein Wein gewachsen und nichts zeitig geworden ist", war eine durchgreifende Reparatur des Daches von St. Peter notwendig geworden, mit der man sicherlich auch eine Ausbesserung und eine Ausweitung der Kirche verband. Die Auslagen beliefen sich: für: „12 Reysleihensteine" 13 Rtlr. 12 Albus (ein Reiß Schiefersteine ist eine 8-10 Fuß lange Reihe Schiefer), für den Leyendecker (Abbrechen der Leyen und Decken des Daches) 16 Rtlr. 21 Albus 4 Batzen und für Kalk 7 Rtlr. (die Ohm zu 1 Rtlr.), welcher in Stromberg geholt wurde. Die Unkosten wurden durch Stiftungen und Außenstände des „gewesenen Pfarrers Wilhelms zu Dromersheim" bestritten. In einer Urkunde vom Jahre 1668 heißt es: „Ist ein Pfarrkirchen St. Petry genand, und ist noch ein Kirchen allhier B. M. V. genand, so der gemein gehörig, hat kein Einkommens und wirf durch die gemein Erhalten." Dem Stephansstift obliegt als Colator (Herr, der die Pfarrstelle besetzt und den Zehnten einnimmt) die Pflicht der Erbauung und Unterhaltung des Chors, der Gemeinde des Daches, und das Langhaus wird aus den Kirchengefällen unterhalten.
 
In zwei Eingaben an das Stephansstift im Jahre 1683 bittet die Gemeinde um einen neuen Altar, eine Sakristei und die Erbauung des Pfarrhauses, drei Wünsche, die in der Folgezeit in Erfüllung gingen. Im Jahre 1684 schon konnte der Weihbischof Matthias Stark von Mainz den neuen Altar festlich einweihen, wobei er die gleiche Handlung auch an dem Altar der Petruskirche vollzog. Die Unkosten der weltlichen Feierlich- keiten, wobei ferner Wein, bezogen von Matth. Boob von Büdesheim, getrunken wurde, trugen Gemeinde und Pfarrei je zur Halbscheid. Im Jahre 1688 wurde an der Marienkirche die Sakristei erbaut (Unkosten 15 fl. und 1 Malter Korn). Gleichzeitig wurde sie förmlich zur Pfarrkirche erhoben, woraus deutlich zu erkennen ist, dass sich der Schwerpunkt von der Petruskirche zur Marienkirche hin verlagert hatte. Einen sehr aufschlußreichen Bericht lesen wir noch aus dem Jahre 1686. Es wurde ein Memorial (Bittschrift) ausgestellt, „um unseren Kummerturm abzubrechen und einen Glockenturm zu bauen". Die Steine des Kummerturmes sollten also zum Bau des vorgesehenen Kirchturms dienen. Wahrscheinlich wurde ein Teil davon aber auch schon zum Bau der Sakristei verwandt. Obiges Memorial widerlegt auch die vielfach geäußerte Ansicht, dass der Turm der heutigen Pfarrkirche durch die Einäscherung von Dromersheim durch die Franzosen im Jahre 1690 zerstört worden sei. Die Erbauung des Turmes hat noch längere Zeit auf sich warten lassen, denn die.Wiederaufrichtung der in Asche gesunkenen Häuser war vordringlicher. Wie auf dem Bogen zum Turmeingang zu sehen ist, dauerte der erste Bauabschnitt bis 1707. Wahrscheinlich ist durch den spanischen Erbfolgekrieg eine Verzögerung eingetreten, denn seine Vollendung fand erst im Jahre 1718 statt, wie die Jahreszahl weiter oben in den Balkenankern zeigt. Vermutlich erhebt er sich auf einem alten Fundament, denn er steht im spitzen Winkel mit der Kirchmauer. In seinem unteren Teil weist er ältere, d. h. romanische Baumotive auf, während das Dach eine spätgotische Form mit eingezogenem Giebelhelm besitzt, der später verkürzt wurde.
 
Zu Beginn des Jahres 1708 verursachte die Petruskirche infolge Einsturzgefahr größte Alarmstimmung, so dass der Pfarrer (Melchior Stymelius) am 18. und 19. Januar alles aus ihr wegschaffen ließ in die Kirche B. M. V. Seine letzte Taufe in der Petruskirche, die er unter Lebensgefahr vornahm, vollzog er am 15. 1. und seine erste in der Kirche B. M. V. am 19. 2. Die Petruskirche überließ man nun ihrem Schicksal. 1742 wird noch einmal gesagt, dass sie gefährlich abgefallen sei, so dass man sie im Jahre 1744 abreißen ließ. Bei den Ausgaben der Gemeinde in diesem Jahr finden wir: „Die alte Kirche abzulegen Maurer und Zimmermann 9 fl. 30 Kr." und bei den Einnahmen: „Alte Bretter von der alten Kirch 15 fl. 42 Kr." Noch 1762 war diese Stätte von Schutt und Trümmern überlagert. Der Stand der Petruskirche war unzweifelhaft an der Stelle der heutigen „alten Schule", denn

  1. führte die heutige Pfarrgasse bis etwa 1776 den Namen Kirchgasse (im Jahre 1779 hieß sie schon Pfarrgasse),
  2. wurde am 11. 2. 1788 „der offene Platz an der Steigergasse, wo die alte Kirch und Schul gestanden", in 2 Teilen verpachtet, und
  3. wurden bei Ausgrabungsarbeiten im Keller des Hauses von Heinrich Moossen (heute Jakob Rausch), große Fundamentsteine und bunte Glassplitter vorgefunden.

 

Chor mit Hauptaltar der Dromersheimer Pfarrkirche

Unmittelbar bei dieser Kirche, also auf dem Hofe der alten Schule und dem alten Pfarrgarten, war nach altchristlicher Sitte der Kirchhof (= Friedhof), denn 1746 wird ein Haus versteigert „in der Kirchgasse, oben der Kirchhof". In der Gerichtssitzung vom 6. 8. 1778 wird folgende behördliche Anordnung bekanntgegeben, „Vorsteher und jährliche Bürgermeister wird hiermit der Auftrag getan, sie hätten nun mehr bei geendigter Erntezeit den sog. alten Kirchhof abzuführen, den Grund hiervon in die Straßen zu verbringen und überhaupt alles zu besorgen, was hier nötig sein wird, und nicht zu schulden kommen zu lassen, im Entstehungsfalle aber sich zu gewärtigen hätten, dass ein solches einem löbl. Amt zu ihrer Bestrafung angezeigt werden soll". Dem Zerfall der Petruskirche folgte auch die Baufälligkeit der Marienkirche, wodurch die kleine, rund 300 Einwohner zählende, „in bejammernswertem Maße verarmte" Gemeinde in eine schwierige Lage gekommen war. Ein Retter in der Not war der verstorbene Schultheiß Johann Gresch (geb. am 14. 6. 1699, gest. am 28. 3. 1755 in Bingen; verheiratet am 13. 2. 1722 mit Katharina Dickescheid. Diese war geboren am 28. 6. 1699 und starb am 14. 11. 1754. Beide waren kinderlos). Einige Wochen vor seinem Tode, am 11. Februar 1755, hatte der erkrankte Bürgermeister Gresch „bei guter Vernunft . . aus eigenem Antrieb und von niemand hierzu beredet" ein umfangreiches Testament gemacht, wovon hier nur die kirchliche Seite interessiert. Er legierte „zu einer Frühmesse auf Sonn- und Feiertage zu Dromersheim" ein Kapital von 2000 fl. (davon waren 200 fl. von seiner verstorbenen Ehefrau), außerdem 4 Morgen Acker im Böhl und 1 Morgen Wingert am Kolben. Sein Haus sollten seine beiden Neffen Heinrich und Johann (Alter 9 und 18 Jahre), die Kinder seines Bruders Heinrich, erhalten, die aber erst davon Besitz nehmen sollten, wenn sie volljährig seien oder sich verheiraten würden. Bis dahin sollte es von dem zeitigen Frühmesser bewohnt werden können. Des weiteren bestimmte er, dass sein Weinvorrat in Dromersheim — die Menge ist nicht genannt — bis auf 1—2 Stück zur Erbauung der St. Peterskirche verwendet werden solle. Bei der Testamentseröffnung am 23. 5. 1755 erklärten verschiedene Zeugen, von dem Verstorbenen öfters gehört zu haben, „dass wenn einer aus seiner Verwandtschaft als Frühmesser capabel (tauglich und imstande) sei, dieser die von ihm gemachte Fundation genießen solle". Johann Gresch hatte dabei seinen Verwandten Anton Kronebach im Auge, der Theologie studieren wollte, aber vorzeitig am 28. 12. 1763 im Alter von 19 Jahren starb. Unter Umständen könne auch ein Ortskind dazu in Frage kommen. An Stelle der Petruskirche, die sicherlich einen größeren Kostenaufwand erfordert hätte, wurde auf Drängen des Kurfürsten und Erzbischofs von Mainz die Marienkirche mit ihrem massiven Turm, den man beim Neubau sparte, von Grund auf neu errichtet. Zur Finanzierung des Baues, der für 6000 fl. verakkordiert war, standen zur Verfügung: 1. der erwähnte Weinvorrat der Greschischen Stiftung; 2. „abgelegte Kirchenbaukapita- lien" ab 1768, die aus der Gemeinde flössen; 3. zog man notgedrungen die Geldstiftung zur Frühmesse heran, die sich nach 20 Jahren durch die Zinsen etwa verdoppelt hatte. dass diese Stiftung aber nicht restlos zum Bau benutzt wurde (vielleicht hat man auch nur die Erträgnisse der Stiftung verwendet), geht aus einem Streit um die Frühmesse hervor, den der Kirchen- und Gemeindevorstand im Jahre 1846 mit dem Bischöflichen Ordinariate führte. Beide Körperschaften beriefen sich ausdrücklich und entschieden auf die Zweckbestimmung des Stifters Gresch zur Frühmesse, wozu einzig und allein die Einkünfte verwendet werden dürften. Das Legat bestand in diesem Jahr aus 2553 fl. 25 Kr. Kapital, außerdem aus 2Vz Morgen Ackerland und 2 Morgen Weinberge; die Einkünfte betrugen 180 fl. Im „Handbuch der Diözese Mainz" 1931 heißt es: „Es besteht ein Frühmessereifonds mit einem Reineinkommen von 173,23 M seit 1755 bezw. 1766. Der Pfarrer hat an allen Sonn- und Feiertagen Frühmesse mit Applikationspflicht (d. h. in der Willensmeinung des Stifters) zu halten. Das Frühmessereigut besteht (1931) aus 14834 qm Feld (rd. 6 Morgen), wovon 4580 qm (knapp 2 Morgen) Weinberge sind."
 
Nachdem der Neubau finanziell gesichert war, schritt man im Jahre 1775 zu seiner Ausführung. Das Stephansstift war als Patronatsherr verpflichtet, neben der Erbauung des Pfarrhauses den Kirchenchor und Vs der Sakristei zu unterhalten, das „Corpus" (Langhaus) wurde aus den Kirchengefällen und die Dachung von der Gemeinde erhallen. 1668. Da das Stephansstift sich weigerte, seinen pflichtschuldigen Bauanteil zu leisten, mußte es durch einen Prozeß dazu gezwungen werden, wodurch der Bau zeitweise ins Stocken geriet. Der Gottesdienst wurde im Rathaus gehalten. Die Kirche wurde erbaut von dem Maurermeister Joh. Hotter aus Groß-Ostheim bei Aschaffenburg, der zuvor schon die Kirche in Ockenheim gebaut (und gepfuscht) hatte. Die Pläne in spätbarockem Stil hatte der kurfürstl. Hauptmann und Baudirektor Schneider aus Mainz angefertigt. Die behauenen Steine und Platten wurden aus Fürfeld, der Kalk und die eisernen Gitter aus Gaulsheim, der Schiefer aus Bingen, das Eisen aus Büdesheim und die Fenster aus Stromberg bezogen (Christian Rauch). Das Bindemittel zum Lehm für die Decke bekam Hotter aus dem Gras des „Berger Rieds". Am 29. August 1775 wurde der Grundstein gelegt mit folgender Urkunde: „Gott, dem allmächtigen Schöpfer, zum ewigen Lob, Preis und Glorie, der allerseligsten Jungfrau Maria und beider heiligen Apostel Peter und Paul als Kirchenpatrone zu Ehren, ist hiesige Pfarr- und Mutterkirche bei der glorreichen Regierung des Hochwürdigsten Fürsten und Herrn Hr. Heinrich Friedrich Karl Josef des Heiligen Stuhles zu Mainz Erzbischof, des Heiligen Römischen Reiches durch Germanien Erzkanzler und Churfürst auch Bischoi zu Worms etc. aus dem reichsfreien adligen Geschlechte von und zu Erthal in dem Flecken Dromersheim, wo die Kapelle B. M. V. gestanden, transferiert und gebauet worden.
 
Der Hauptstein wurde gelegt 1775 auf Dienstag den 29. August in hoher Anwesenheit des Hochwohlgeborenen Reichsfreiherrn Herrn Friedrich Wilhelm Karl Johann Nepo- muk Franz Freiherrn zu Breidbach zu Bürresheim genannt von Ried Oberamtmann zu Olm und Algesheim sowie auch des Hochedeln geborenen Jakob Leo Kurfüstlich Mainzischen Amtskellereiverwalter zu Algesheim. Durch dieser Zeit Pfarrer dahier zu Dromersheim, den Hochwürdigen Herrn Adam Vaeth. Die Guttäter zu dieser neuen Kirchenlanghaus sind namentlich und sonderheitlich Johann Gresch selig gewesener Schultheiß dahier und seine Hausfrau Katharina selig, geborene Dickescheidin, die hierzu anno 1755 ein Kapital von 2000 Gulden legieret. Das Ortsgericht war zu dieser Zeit besetzt wie folgt: Schultheiß Johann Peter Schmitt, Gerichtsverwandten Daniel Mauer, Peter Dickescheid und Peter Hassemer. Gerichtsschreiber Sebastian Dickescheid. Als Kirchenjurat war bestellt der Gemeindsmann Martin Weniger. Jus patronatus hat das löbliche Stift ad St. Stephanum in Mainz. Das Pfarrhaus ist schuldig zu erbauen jetzt genanntes löbliches Stift, desgleichen den Kirchenchor und ein Drittel der Sakristei zu erbauen und zu unterhalten. Frucht und Weinzinsen hat oben genanntes Stift." Gegen Ende des Jahres 1776 war die Kirche vollendet, so dass nach vorheriger Benediktion Pfarrer Vaeth am 10. November in derselben ITochamt mit Predigt halten konnte in Anwesenheit des „ehrenhaften Herrn Kellermeister Hellmantel von Gau-Algesheim". Eine Urkunde vom 12. 12. 1776 sagt: „Nachdem der langgewünschte Gottesdienst in der neuen Kirch gehalten, konnten in dem wieder eingeräumten Rathaus die Gerichtstage wieder abgehalten werden." Wegen schlechter Arbeitsleistung am Dachstuhl hatte die Gemeinde mit den Erben des Baumeisters Hotter noch einen jahrelangen Prozeß zu führen. Das Kirchengestühl wurde im Jahre 1777 angeschafft. Nach dem vom kurfürstl. Amt angesetzten Heberegister hatten 120 Personen je 1 Gulden (ä 60 Kreuzer) und 22 Personen je 20 Kreuzer zu zahlen. Die Gesamtsumme von 1271/3 Gulden entsprach dem damaligen Wert von rd. 2V4 Stück Wein. — Am 29. Juni 1779 wurde die Kirche von Weihbischof Augustinus Franziskus von Straus, dem Dekan des St.-Stephans-Stiftes, den Aposteln Petrus und Paulus geweiht. Der Hochaltar, der die Himmelfahrt Mariens darstellt, wurde im Jahre 1828 aus der Liebfrauenkirche in Worms erworben; zuvor stand an seiner Stelle die Kreuzigungsgruppe in der Nische der Südseite des Lang-hauses. Beim Bau der Landstraße von Bingen nach Wörrstadt im Jahre 1844 mußten einige äußere Veränderungen vorgenommen werden, um den Verkehr nicht zu behindern. Die Treppe zum Haupteingang und die Treppen beiderseits der Kirche wurden eingerückt und die Friedhofsmauer an der Straße zurückverlegt. Um dieselbe Zeit wurden rechts und links der Kirche steinerne Pfeiler und Eisentore errichtet. Peter Hartmann I. (t 1890), der die „Kreuzwegstationen" hat errichten lassen (s. „Kreuze . . ."), ist auch der wohltätige Stifter des barocken Chorgestühis der Kirche mit den aufge-setzten Akanthusblättern, sowie eines Krippchens.
 

Alte Kreuzigungsgruppe in der
Pfarrkirche zu Dromersheim
Unter Pfarrer Beiz wurde im Jahre 1896/97 eine durchgreifende Renovation der Kirche vorgenommen. Die Decke wurde in Rabitzkonstruktion (Drahtgewebe mit beiderseitigern Verputz) erheblich höher gewölbt, die Treppe des Haupteingangs in die Kirche verlegt und die Empore bedeutend vergrößert, um dem Platzmangel zu begegnen. Verschiedene Pläne der späteren Zeit, den chronischen Platzmangel durch den Bau eines Seiten- oder Querschiffes zu beseitigen, kamen nicht zur Verwirklichung. Pfarrer Beiz ließ noch die Innenräume, die seit der Ausweißung im Jahre 1839 eine schlichte weiße Tünche trugen, durch eine prachtvolle, von hervorragendem künstlerischem Können zeugende Ausmalung verschönem, die von allen Besuchern bewundert wurde. Die Arbeiten beanspruchten fast ein ganzes Jahr, da sie durch die ungünstige Witterung im Spätjahr und Winter stark beeinträchtigt wurden. Der Gottesdienst wurde in dieser Zeit im unteren Saal des neuen Schulhauses gehalten, der allerdings viel zu klein war, um sonntäglich alle Kirchenbesucher aufzunehmen. Die Kirchenbänke standen auf dem Schulhof, und im Flur und auf den Treppen drängten sich die Gläubigen. Bedauert wurde freilich, dass der Pfarrer den beliebten Stationsweg im „Heljerweg" durch Bilder kleineren Stils in die Kirche verlegte. Eine klassische Beschreibung der Architektur sowie der gesamten Innenausstattung der Kirche gibt Christian Rausch in „Kunstdenkmäler im Volksstaat Hessen, Kreis Bingen" 1934.
 
Im Jahre 1919 wurde vor der Seitentür der Südseite der Kirche ein Nebenportal mit Vorraum errichtet, der als Windfang dienen soll. Eine Heizung erhielt die Kirche im Jahre 1935 durch eine hochherzige Stiftung des 1932 verstorbenen Pfarrers Herdt. Bei den Bauarbeiten stürzte die Sakristei teilweise ein, und man fürchtete auch um den Turm der Kirche, der jedoch wie zu ewigen Zeiten gebaut unerschütterlich feststand. Bei dieser Gelegenheit fand man innerhalb der Kirche auch das Grab des Erbauers der Kirche, des Pfarrers Adam Vaeth. Die Maurerarbeiten wurden ausgeführt von Peter Schreiber von hier. Pfarrer Johannes Heberer, der von 1936—1948 der Seelsorger der Gemeinde war und jetzt Pfarrer und Dekan in Bingen ist, ließ im Jahre 1939 (vom 30. 5. bis 25. 7.) eine notwendig gewordene Innenrestauration unserer Pfarrkirche vornehmen. Die Ausmalung ist ein wohlgelungenes, meisterhaftes Werk des damals 79jährigen Barockmalers Eulogius Böhler aus Würzburg, der mit feinem Einfühlungsvermögen und hohem künstlerischem Schaffen als besonderes Charakteristikum uns unsere beiden Patronatsheiligen in zwei Deckengemälden nahegebracht hat: im Chor den hl. Petrus „wandelnd und sinkend auf dem See Genesareth", und im Schiff die Bekehrung des h!. Paulus vor den Toren von Damaskus. In Verbindung mit den Standbildern unserer Kirchenpatrone beiderseits des Hochaltars und den Bildern der Chorfenster: der Übertragung der Schlüsselgewalt an Petrus und der Predigt des Völkerapostels auf dem Areopag zu Athen werden unsere Herzen wie zu einem Brennpunkt hingelenkt und gesammelt zu den „Säulen der Kirche", den beiden Apostelfürsten, unter deren Schutze unsere altehrwürdige Pfarrkirche steht.
       
Inhaltsverzeichnis
Quellen:
Müller: Chronik von Dromersheim

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