www.bingen.de

Die Alte Chronik von 1956

in der Chornik mit Stichwörtern suchen

Gemarkung und Flurnamen

Die Gemarkung hat einen Flächeninhalt von 626 Hektar (ha) = 2504 Morgen (nach Brilmayer 1905: 625,53 ha), darunter 390 ha Ackerland (411,41 ha), 220 ha Weinbergsgelände (173,69 ha), 1,5 ha Wiesen (16,77 ha), 7,5 ha Wald (-) und rund 7 ha Hofreite (4,61 ha). Die Verteilung der Kulturarten ist bedingt in der Hauptsache durch die Bodengestalt und Bodenbeschaffenheit der Gemarkung, die ohne Zwang eine einseitige Bewirtschaftung kaum zuließe. Der tiefer gelegene, ebene Teil dient vorzugsweise dem Ackerbau, die kalkhaltigen Hügel und Bergabhänge dem Weinbau.

Ohne den Ackerbau zu vernachlässigen, liegt der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Existenz auf dem Weinbau, der durch die im Jahre 1934 ins Leben getretene Winzergenossenschaft eine tatkräftige Förderung erfuhr. Vorzugsweise werden Silvaner (Österreicher), Riesling, Müller Thurgau und Portugieser angepflanzt, die die alten Rebsorten Kleinberger, Ruland, Traminer, Gutedel, Muskateller und Fleischtrauben, die neben Silvaner stark vertreten waren, verdrängt haben. Infolge der verheerenden Verseuchung durch die Reblaus sind weite Flächen des Weinbergsgeländes (1954 ca. 50 ha) nicht im Stock, obwohl man eifrig bemüht ist, die Lücken wieder zu schließen. Die Dromersheimer Weine zeichnen sich durch ihre Eigenständigkeit, Fülle und Kraft aus, die den Charakter ihres Bodens nicht verleugnen können. Hervorragende Spitzenweine liefern die Lagen Laberstall, Koch, Pflanzer, Proff, Kolben, Honigberg u. a. Im Jahre 1951 hat man unter Berücksichtigung verschiedener Gesichtspunkte die vielen katastermäßigen Benennungen in acht, zum Teil neuen Sammelnamen zusammengefasst, ohne jedoch damit das Recht auf Weiterverwendung der alten Bezeichnungen aufzuheben. Die Sammelnamen sind:

  1. Mainzerweg (umfassend die seitherigen Lagenamen: Im Böhl am Mainzerweg ? auf dem Koch ? auf dem Koch am Mainzerweg ? Am Mainzer Weg bei den Elfmorgen ? im Böhl ? am Böhl ? am Koch ? Der Holderbusch);
     
  2. Laberstall (Die Lauberstal);
     
  3. Klosterweg (Die Hütte ? Am Neuweg beim Koch ? Die Hasenlaus ? die Proff);
     
  4. Kapellenberg (Am Hörnchen ? auf dem Hörnchen ? auf dem Pflänzer ? in der End);
     
  5. Heiligenweg (Am Heiligenweg ? am Starweg ? im Baumborn ? Der Esel);
     
  6. Goldberg (Am Neuberg ? der Neuberg);
     
  7. Honigberg (Auf dem Honigberg ? die Geig ? auf dem Kolben ? die Taläcker ? Am Erbespfad);
     
  8. Kreuzbörnchen (Hinter dem Schwendel ? der Schwende! ? Hinter den Hecken ? an der untersten Pforte ? an der Ziegelhütte).
     

Im Ackerbau werden hauptsächlich Roggen, Gerste, Hafer, Weizen, Kartoffeln und Hackfrüchte angebaut, während der Obstbau keine allzu große Rolle spielt. Als die Gemarkung noch von einer großen Zahl von Nussbäumen übersät war, stellten diese eine beträchtliche Einnahmequelle dar. In früherer Zeit baute man auch Spelz (eine Weizenart), Raps, Hanf und Flachs an, die aber in der heutigen Kultur verschwunden sind und nur in Notzeiten (Kriege) auf behördliche Anordnung zum Teil eine Auferstehung gefeiert haben.

Im Jahre 1618 wurde als der Gemeinde ?Freiheit und Herrlichkeit" festgestellt, dass ?der ganze Berg ein frey Aälbmen" sei; ?es solle niemand darauf bauen, er brauche dann ein Haus". Die Allmende ist Gemeindebesitz, von dem die Gemeinde das Nutzungsrecht hat. Ein Bericht von Schultheiß und Gericht an das Amt Algesheim aus dem Jahre 1668 besagt, dass die Gemeinde ?keinen anderen Weidgang hat als durch den Wingertsberg, der Kühweg genannt, uff den Berg, allwo eine geringe Weide ist, so der Gemein gehörig, und für ein frey Allmend gehalten, laut beweißthumb" (Weistum = Aufzeichnung alter Rechte). Es ist auch eine kleine Schäferei hier, die der Gemeinde gehört. An herrschaftlichen Gütern sind vorhanden 1 Morgen Muster-Weingarten (er lag in der Proff und wird 1749 ?der Amtswingert" genannt) und zwei Morgen Acker, von dem der Oberschultheiß den Zehnten erhält zu seiner Bestallung. ?Waldungen sind keine allhier. Des Jagens Gerechtigkeit (Ausübung des Jagdrechts) und dessen Termin gehört unserm gnädigen Kurfürst zu Mainz und wird bisweilen durch den Herrn Amtmann und die Kapitularherren des hohen Domstiftes Mainz besucht". Aus dem Gemeinde Tannenwäldchen (angelegt 1753 = 9 Morgen und 1764 = 12 Morgen) wird 1779 Holz versteigert. Im Jahre 1780 werden die 10 Gemeindeäcker = 933/i Morgen auf dem Berg in der Leimkautgewann und die Gemeindewiesen (14 Morgen) in der Dienbach auf 6 Jahre versteigert, und 1781 erteilt das kurfürstliche Amt die Erlaubnis, dass der öde Berg und die Viehweide in der Proff (ca. 100 Morgen) ?um und fruchtbar" gemacht werden dürften, wobei die Dreispitzgewann genannt wird. In den Hauskläuern werden 10 Morgen Fichtenwald angelegt. Einen großen Teil seines Bestandes an Allmendgut der ?Bergfelder" hat die Gemeinde i. J. 1792 versteigert und ein weiterer folgte im Jahre 1819. In diesem Jahr wurden in der Morgengewann 105 Morgen und in der Dreiviertelgewann 68V2 Morgen öffentlich versteigert zum Preis von insgesamt 8786 Gulden (das ist pro Morgen im Durchschnitt 50,64 Gulden = 86,59 Mark). Bei der Prüfung des Gemeindevoranschlags für 1841 nimmt die Gemeinde an ?bis auf Artikel 80 mit 30 Gulden, welche für Baumpflanzung auf der Gemeinde Ödung in Ausgabe vorgesehen ist, und wünscht dieses Feld in Zukunft als Ackerfeld zu verpachten und zu benutzen". Die Behörde will die ganze Viehweide als Waldkultur angelegt haben, während die Gemeinde sie teilweise als Ackerfeld verpachten will. Als Grund gibt sie an, dass infolge des starken Weinbaues es an Ackerfeld fehle, das durch den Bau der beiden Landstraßen noch sehr geschmälert werde. Es gäbe Leute, die noch nicht einmal einen Acker für Kartoffeln hätten (!). Aus 1850 wird berichtet, dass vor etlichen Jahren ein Stückchen Fichtenwald angelegt worden sei, das jetzt so weit herangewachsen ist, dass er ausgeputzt werden müsse. Im Jahre 1885 wird das Gemeindefeld am Kehlerberg vom Starweg bis an die Aspisheimer Gemarkung (die Kühweide) veräußert, da es sich wegen des geringen Pachtpreises nicht rentiere. Nach dem zweiten Weltkriege hat die schlimme Not der Zeit, in der es an jeglichem Brennmaterial fehlte, unsere alten ?Fichten", die aus Kiefernbäumen bestand, als Opfer gefordert, aber die Gemeinde ist eifrig bemüht, durch laufende Neupflanzungen wieder Ersatz zu schaffen, so dass bereits eine Fläche von ca. 30 Morgen der Waldkultur nutzbar gemacht ist. Bei den ?Fichten" be- lindet sich der sog. ?Sachsenhügel", ein künstlich aufgeschichteter Erdaufwurf mit Birken- und Tannenbäumen, der an die Einquartierung von Teilen des Res. Inf. Regt. 36 aus Halle a. d. Saale (Provinz Sachsen) erinnert, das im ersten Weltkrieg von Oktober 1914 bis Januar 1915 in Dromersheim lag und hier Übungen abhielt.

An einem etwas abseits gelegenen Abhang breitet sich in geschützter Lage ein aus Hecken und Buschwerk bestandenes größeres Vogelschutzgebiet aus, das in dem am 30. 10. 1950 verstorbenen Gemeindebeamten Georg Mauer zeitlebens einen liebevollen und treuen Pfleger und Beschützer hatte. Zum ehrenden Andenken an diesen großen

Naturfreund und Vogelliebhaber hat ihm die Volksschule von Dromersheim (Hauptlehrer Franz Wetzel) am ?Tage des Baumes" 1951 die ?Georg-Mauer-Fichte" gepflanzt, die sein Andenken als Mahnung allezeit wach halten soll.

Die Feldbereinigung im Jahre 1938/39 hat eine geradezu revolutionäre Umgestaltung unserer alten Gemarkung hervorgerufen. Dabei blieb das Weinberggelände im großen und ganzen unberührt. Neue Wege durchziehen die Ackerfluren und viele alte sind verschwunden. Zahlreiche Gewannen mussten sich eine Richtungsänderung gefallen lassen. Wo Zirkel und Messlatte zugunsten einer besseren Bewirtschaftung regieren, da gibt es keine Rücksicht. ?Man kennt sich nicht mehr aus, und man glaubt sich in eine fremde Gemarkung versetzt", seufzte die ältere, traditionsgebundene Generation, jedoch ? in einigen Jahrzehnten weiß niemand mehr, wie es vordem ausgesehen hat. Die alte Gemarkung wird ein Problem der Forschung sein. Ein zeitgenössischer Chronist schrieb, dass die Feldbereinigung viel Unzufriedenheit hervorgerufen hat. Eine Menge Gewannen wurden in Sammelnamen zusammengefasst, wodurch viele alte Flurnamen verschwanden. Damit aber diese ehrwürdigen Zeugen der Vergangenheit nicht der Vergessenheit anheimfallen, sollen sie nachfolgend festgehalten und einer Untersuchung unterzogen werden.

       
Inhaltsverzeichnis
Quellen:
Müller: Chronik von Dromersheim

zurück