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Die Alte Chronik von 1956

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Die alte Burg

Eine alte Burg in Dromersheim wird urkundlich genannt im Zusammenhang mit Gefällen im Jahre 1590. Eine Reihe weiterer Zeugnisse für ihre einstige Existenz aus verschiedenen Urkunden sei hier wiedergegeben:

1618: An die Kellerei zu Algesheim fällt jährlich 1 Gulden 6 Albus ?noch aus der alten Burg genannt. . . . noch fallen Job Zöder zu gemelder Burg gehörig 15 Albus". 1668: Zins und Hubgebührgefälle unserem gnädigen Kurfürst und Herrn zu Mainz ?aus der alten Burckh genannt 1 Reichstaler 21 Albus". 1697: ?Ein Stück Hausplatz, die alte Burg genannt."

1700: ?Ein übriges Plätzchen an der Burg gelegen ..." ? und in derselben Urkunde: ?Ein Hausplätzchen an der sog. Burg gelegen."

1743: wird Johann Hartmann ab und Nikolaus Hartmann zugeschrieben ?ein Hausplatz in der Burg".

1744: wird Wilhelm Däniger ab und Mathes Wenz zugeschrieben ?ein Haus in der Burg". 1746: Nikolaus Hartmann ab und Johann Moly von Mainz zu ?ein Garten in der Burg". Womit haben wir es hier zu tun? Dass Büdesheim, Ockenheim und Gau-Algesheim eine Burg mit einem adligen Rittergeschlecht hatten, ist eine bekannte Tatsache. Es wäre verwunderlich, wenn der am äußersten Rande des Mainzer Territoriums gelegene Ort Dromersheim eine solche nicht besessen hätte. Ein adliger Grundherr namens Gyso von Dromersheim wird in einer Urkunde vom Jahre 1344 genannt. Er war bei einem Güterkauf des Winzig, einem Edelknecht zu Algesheim, unter einer Anzahl von adligen und nichtadligen Personen als Zeuge zugegen.

1562 wird in den Zinslisten des Stephansstiftes ein Hans von Bockenheim und ein Hans von Geddern mit Haus, Hof und Zugehör in der Diedengasse genannt. Um 1600 ist ein Freiherr von Kronenberg, der aber nicht in Dromersheim wohnte, hier reich begütert, (ca. 40 Morgen.)

Aus 1780 wird berichtet, dass keine adlige Familie hier ansässig ist.

Ein Chronist des 19. Jahrhunderts spricht von der sog. ?Osteinschen Burg", ohne jedoch irgendeine Begründung dazu zu geben. In der Tat wird in den Jahren 1762 ff. ein Gral von Ostein öfters als Nebenläger bei Grundstücken und 1820 ff. noch in der Heberolle genannt, aber nirgends findet sich ein Anhaltspunkt, dass er etwas mit der Burg zu tun gehabt hätte. Die Familie von Ostein hatte ihren Sitz in Mainz (früheres Gouvernement), und der Mainzer Kurfürst von Ostein regierte von 1743?1763. Aus den Urkunden ist ersichtlich, dass die Dromersheimer Burg um die Mitte des 18. Jahrhunderts im Volksbewußtsein noch sehr lebendig war. Wahrscheinlich waren um diese Zeit auch noch sichtbare Überreste vorhanden, die vielleicht beim Bau der Kirche (1775/76) Verwendung fanden. Der Ungewohnte in dem Sprachgebrauch der damaligen Zeit nimmt vielleicht Anstoß an dem öfteren Gebrauch des Beiwortes ?genannt" oder ?sogenannt". Allein dieses Wort ist eine gewohnheitsmäßige Floskel, der weiter keine Bedeutung beizumessen ist. Deutlich springt das in die Augen bei der Urkunde von 1668, wo der Schreiber noch sechsmal das Wort ?genannt" anwendet, das in unserer heutigen Ausdrucksweise völlig überflüssig erscheint. So heißt es: ?Die Pfarrkirche St. Petry genannt, der Kühweg genannt, das Münchgut genannt, so Schützenkorn genannt, die Kirche BMV genannt, so Dinggelt genannt."

Größere Häuser und Gutshöfe des Adels in den Dörfern wurden oft mit ?Burg" bezeichnet. Dass es sich aber in Dromersheim um ein solches Hofhaus gehandelt hätte, ist bis jetzt nicht erwiesen. Jedenfalls aber hatte auch Dromersheim seine Burg, die wohl im Hinblick auf die Gefälle dem Kurfürst von Mainz gehörte, und an Umfang gar nicht so unbedeutend war, wenn wir uns auch über die Herkunft und Aufgabe mit dem Wort bescheiden müssen: non liquet (es ist nicht aufgeklärt).

Den Standort der ehemaligen Burg vermuteten die in Dromersheim gebürtigen Heimatforscher Notar Anton Weber in Alzey und t Lehrer Franz Pfeifer in Bingen, an der Stelle des Hauses Matthias Lamoth in der Zanggasse (Haus Nr. 72), wo sie Anhaltspunkte gefunden zu haben glaubten. Ohne Zweifel hat sich auf dem Gelände des Lamothschen Hauses etwas befunden, das vermutlich mit der alten Befestigung im Zusammenhang stand, aber noch nicht geklärt werden konnte. An Hand der Überschreibungen der Häuser lässt sich jedoch einwandfrei nachweisen, dass die Dromersheimer Burg am unteren Ende der Dietengasse stand, und zwar auf dem Anwesen von Johann Baptist Pfeifer und Ambrois Pfeifer (Haus Nr. 199 und Nr. 200), wozu vermutlich auch die ganze Umgebung, einschließlich des Nebengäßchens zur Glaserwerkstatt Fleck und der Gärten rechtsseitig der verlängerten Dietengasse gehörte. Dieser Geländekomplex hatte ja damals noch ein ganz anderes Aussehen als heute. Auf zwei Seiten war er vom Dorfgraben umschlossen und rundete sich nach der stark erweiterten Dietengasse, die die breite Einfuhrstraße darstellte, zu einem geschlossenen Ganzen ab. Ein Flutgraben (der ehemalige Hungerbach) durchschnitt das einstige Burggelände und führte sein Wasser in die Gemarkung. Erst 1884 wurde der untere Teil der Dietengasse bis zur unteren Grabengasse hergerichtet. Zuvor führte ein Weg an der Südseite des Hauses von Ambros Lamoth vorbei über den früheren Dorfgraben, und das Nebengäßchen, das heute durch die Glaserwerkstatt von Heinrich Fleck verschlossen ist, hatte eine breite Öffnung in die Neugasse. Nachdem vor etwa 100?150 Jahren der alte Dorfgraben allmählich verschwand und in eine Straße umgewandelt wurde und innerhalb und außerhalb des Burggeländes neue Erschließungen erfolgten, erhielt das Dorfbild an dieser Stelle sein jetziges Aussehen.

       
Inhaltsverzeichnis
Quellen:
Müller: Chronik von Dromersheim

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