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Die Alte Chronik von 1956

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Der pfälzische Erbfolgekrieg (3. Raubkrieg) 1688-1697

Ludwig XIV. von Frankreich erhob für seinen Bruder, den Herzog Philipp von Orleans, der mit Elisabeth Charlotte von der Pfalz vermählt war, Erbansprüche auf einige Teile der Pfalz, die er alsbald besetzte. Am 22. Oktober 1688 zogen die französischen Truppen in Bingen ein. Mehrfach passierten sie requirierend und Lieferungen fordernd auch unseren Ort. Zu Beginn des Jahres 1689 haben sie „uns trübülliert", d. h. ausgeplündert, nach Heu und Hafer visitiert und auf Gemeindekosten Zechen hinterlassen. Die Gemeinde besorgte sich eine französische Schutzwache (Salva Quardia), die auf dem Rathaus untergebracht war und einmal die „Marotten" (umherschweifende Plünderer) im Beisein des Oberschultheißen fortgetrieben hat. „Als die Fouragierer so stark gekommen sind, hat die Gemeinde 2 Pfund Pulver gekauft." Ende Mai 1689 erschienen auf dem rechten Rheinufer deutsche Truppen, die beabsichtigten, den Fluss zu überschreiten. Um diesen die Möglichkeit zu nehmen, Frankreich von der linken Rheinseite her anzugreifen, befahl der französische Kriegsminister Louvois, die Pfalz planmäßig zu verwüsten. Diesen Auftrag führte Melac in den ersten Junitagen 1689 mit kaltblütiger, barbarischer Grausamkeit durch. Blühende Städte am Rhein, wie Speyer, Mannheim, Oppenheim, Bingen und zahlreiche andere, gingen in Flammen auf. Die Franzosen zogen nach der Zerstörung von Bingen ab, erschienen aber wieder und nahmen anfangs Juni 1690 Gau-Algesheim ein, das sie in Brand steckten. Damals wurde auch Dromersheim „völlig in Asche gelegt" (Schaab: Beiträge zur Mainzer Geschichte, Bd. III). Das genaue Datum ist nicht bekannt. Vom 22. März ab finden sich in den Gemeindebüchern für 1690 keine Einträge mehr, und die Kirchenbücher schweigen sich für dieses Jahr völlig aus. Die Zerstörung Muss jedoch nicht so vollständig gewesen sein, denn die beiden Kirchen, das Pfarrhaus (es war nicht das heutige „alte Pfarrhaus" in der Pfarrgasse) und eine Anzahl Häuser blieben stehen, z. B.: Untergasse Nr. 172, das 1685 erbaut wurde, während der Torbogen die Jahreszahl 1735 trägt. Auch Untergasse Nr. 173 ist älter als seine Toreinfahrt mit der Jahreszahl 1738. Dasselbe trifft auch nachweisbar vom Katharinenhof-Torbogen 1767 zu. Dass zahlreiche Toreinfahrten später als Häuser errichtet wurden, ersieht man auch daran, dass beide baulich nicht miteinander verbunden sind, wie z. B. bei Untergasse 146, wo vor einigen Jahren die Toreinfahrt niedergelegt wurde.
 
Im Jahre 1690 lieh die Gemeinde beim Stephanstift in Mainz Geld. Die Kontributionsabgaben von monatlich 25 fl. wurden nach Ebernburg geliefert. Zweimal musste im Jahre 1691 auch einer Partie Husaren Geld verabfolgt werden (zusammen 56 fl., eine Eiche Wein kostete 2 fl.).
 
An Ebernburger Frongeld, Kommiskorn, Fouragehafer und Husarennachtlager hatte Dromersheim im April 1692 zusätzlich 19 fl. 11 Alb. zu erlegen. Im Mai 1693 verglich sich die Gemeinde mit dem Unterschultheißen Hans Peter Hartmann über eine Forderung von 51 fl. 15 Alb. 5 Pfg., worin auch das Kostgeld für einen französischen Salvaquarden enthalten war. Die Jahre 1694 und 1695 sind von Anfang bis Ende ausgefüllt durch drückende Abgaben an die Franzosen: Fouragegelder, Kontributionen, Wein, Korn, Spelz, Küchenpresente und Lebensmittel aller Art (Brot, Käse, Butter, Eier, Mehl, Öl, Gewürze, Hühner, Tauben, Branntwein usw.).

Am 23. 11. 1694 beerdigte der Pfarrer einen französischen Soldaten, den deutsche Soldaten vor seiner Tür erschossen hatten. Weitere Gefallene wurden an anderen Orten und im Gau beerdigt, was auf ein Gefecht in der Gegend schließen lässt. Eine teure Angelegenheit waren die z. T. französischen, z. T. deutschen Schutzwachen, die sich Dromersheim vorsorglich zugelegt hatte. Sie hatten auf dem Rathaus ihr Domizil aufgeschlagen und verschlangen eine große Summe Geldes, das die Gemeinde nur durch Darlehen aufbringen konnte. Bei Kaspar Menig von Bingen z. B. hatte sie 100 fl. „Quartgeld" geliehen (die Eiche Wein kostete 1694 174 fl.). Im Jahre 1695 konnte sie den „Quarten" nur abschläglich bezahlen. Gemeinde und Einzelpersonen waren so verschuldet und verarmt, dass noch Jahre nach dem Kriege die Gerichte sich wegen der Rückzahlung der geliehenen Gelder beschäftigen mussten. Die letzte Abzahlung wegen der französischen Kontribution (58 fl.) wurde Ende Januar 1698 an Herrn Achebach in Kreuznach geleistet. Der Friede von Ryswyk (sprich y = ei) hatte diesem Krieg am 30. Oktober 1697 bereits ein Ende gemacht. Am 3. Februar 1698 wird berichtet, dass zum „Friedensdankfest" aus dem Gemeindekeller an Wein verbraucht wurden: 1 Ohm, 17 Viertel, 1 Maß (= 298 Liter), die Ohm zu 572 Rtl.

       
Inhaltsverzeichnis
Quellen:
Müller: Chronik von Dromersheim

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